Teilchenbewegung und kinetische Energie
An einer eingeschalteten Herdplatte kann man sich die Finger verbrennen. Ein Stück Eis kann man hingegen ohne grössere Probleme länger in der Hand halten, wobei sich auch dies nach einer gewissen Zeit sehr unangenehm kalt anfühlen würde. Doch wodurch entstehen eigentlich die unterschiedlichen Temperaturen?
Um dies zu verstehen, müssen wir uns zunächst anschauen, wie Stoffe auf ihrer kleinsten Ebene aussehen.
Das Teilchenmodell
Wenn man einen Stoff immer weiter aufteilt, dann muss man irgendwann auf einen so kleinen Anteil stossen, sodass man diesen nicht weiter aufteilen kann. Das war die Vorstellung der Gelehrten vor etwa 2000 Jahren und so begannen sie damit, die Vorstellung vom Atom, dem "unteilbaren" zu erschaffen.
Heutzutage wissen wir, dass diese Atome sehr wohl geteilt werden können. Sie bestehen aus kleineren Bestandteilen, nämlich aus Elektronen und aus Protonen, und diese setzen sich dann aus noch kleineren Teilen zusammen, nämlich den Quarks. Trotzdem ist das Teilchenmodell dennoch ein Modell, welches sehr gute Resultate liefert und heute immer noch verwendet wird.
Mithilfe des Teilchenmodells können viele verschiedene Phänomene beschrieben werden, wie Aggregatzustände, Diffusion oder Temperaturen.
Man kann sich die Teilchen wie viele kleine Kugeln vorstellen, die sich durch den Raum bewegen und manchmal auch gegeneinander stossen.
Je grösser ihre kinetische Energie ist, desto schneller bewegen sich die Teilchen.
Dies geht bereits aus der Definition der kinetischen Energie hervor:
Ekin=21mv2
Die Teilchen können auch miteinander wechselwirken. Hierbei kommt es beispielsweise zu elektrischen Wechselwirkungen.
Im Teilchenmodell sind auch Stösse möglich zwischen den Teilchen, bei welchen Impulse und Energien übertragen werden.
Teilchen vollführen Zitterbewegungen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten in zufällige Richtungen, wobei keine Richtung bevorzugt ist. Da es schwierig ist, Teilchengeschwindigkeiten anzugeben, wenn jedes Teilchen eine andere Geschwindigkeit hat, betrachtet man stattdessen die Durchschnittsgeschwindigkeit der Teilchen.
Die meisten Teilchen haben eine mittlere Geschwindigkeit, einige haben eine niedrige Geschwindigkeit und einige Teilchen haben eine hohe Geschwindigkeit.
Experiment
Für dieses kleine Experiment benötigst Du lediglich zwei Gläser, etwas Wasser und eine Tintenpatrone, wie man sie für einen Füller benutzt.
Es sollen zwei Gläser mit Wasser vorbereitet werden, wobei das Wasser in den beiden Gläsern unterschiedliche Temperaturen haben soll. Man kann beispielsweise das eine Wasserglas einfach bei Raumtemperatur belassen, während man das andere Wasserglas für einige Minuten in den Kühlschrank stellt.
Eine andere Möglichkeit wäre, das Wasser für das andere Wasserglas im Wasserkocher für einige Zeit zu erwärmen. Wichtig ist nur, dass eins der Gläser wärmeres Wasser enthält als das andere.
Nun soll in beide Gläser ein bisschen Tinte gegeben werden. Man beobachtet, was passiert, ohne extra zu rühren.
Ergebnis:
In beiden Wassergläsern breitet sich die Tinte allmählich aus, bis sich Tinte und Wasser schliesslich komplett miteinander vermischt haben. Wenn man genau hinsieht, kann man feststellen, dass sich das Wasser im wärmeren Wasserglas schneller mit der Tinte vermischt hat, als es im kälteren Wasser der Fall war.
Doch woran liegt das? - Das wirst Du im Folgenden erfahren.
Zusammenhang mit der Temperatur
Wenn man das Verhalten der Teilchen bei unterschiedlichen Temperaturen untersucht, so stellt man einen Zusammenhang fest: Wenn es wärmer ist, dann haben die Teilchen, aus welchen der Stoff besteht, eine höhere (kinetische) Energie. Sie bewegen sich daher dann schneller.
Die Temperatur ist also ein Mass für die mittlere kinetische Energie der Teilchen, aus denen der Stoff besteht. Je grösser die mittlere kinetische Energie ist, desto höher ist die Temperatur vom Stoff.
Je schneller sich die Teilchen bewegen, desto wärmer ist es.
Das erklärt auch das Ergebnis aus dem Experiment. Im Wasserglas mit dem warmen Wasser bewegen sich die Teilchen schneller, daher geschieht auch die Durchmischung mit der Tinte in kürzerer Zeit, als es beim kälteren Wasserglas der Fall ist.
Eine niedrige mittlere kinetische Energie gehört dann zu einer niedrigen Temperatur. Wenn man nun den Extremfall betrachtet, dass alle Teilchen sich gar nicht mehr bewegen, dann ist die Temperatur entsprechend beim absoluten Minimum angekommen. Diese Temperatur wird auch der absolute Temperaturnullpunkt genannt.
Er liegt bei einem Wert von
T0=−273,15 °C.
Kelvin-Temperaturskala
Tatsächlich dient diese Temperatur dann als Referenzpunkt für eine neue Temperaturskala, die Kelvin-Skala. Ein Vorteil der Skala ist, dass es keine negativen Temperaturen gibt, weil die niedrigste Temperatur dieser Skala, nämlich 0 K (0 Kelvin) dem Temperaturnullpunkt entspricht:
T0=−273,15 °C=0 K
Die Celsius-Temperaturskala und die Kelvin-Temperaturskala sind lediglich gegeneinander verschoben. Für die Umrechnung von Temperaturen von der einen Skala in die andere gilt Folgendes:
{T}°C{T}K={T}K−273,15={T}°C+273,15
Da die Skalen nur gegeneinander verschoben sind, bedeutet dies, dass eine Temperaturänderung um 5 °C gleichbedeutend ist mit einer Temperaturänderung von 5 K.
Beispiel:
Aktuell ist es {T}°C=8°C warm (kalt). Welcher Temperatur in der Kelvin-Skala entspricht dies?
Dazu verwenden wir die untere der Umrechnungsformeln:
{T}K={T}°C+273,15=(8+273,15) K=281,15 K
Wenn es eine minimale Temperatur gibt, gibt es dann auch eine maximal mögliche Temperatur? Die Antwort darauf lautet nein.
Die Teilchen können sich beliebig schnell bewegen, daher kann auch die kinetische Energie der Teilchen beliebig gross werden. So können beliebig hohe Temperaturen erreicht werden. Im Inneren unserer Sonne herrschen beispielsweise Temperaturen von bis zu 15 000 000 K.