Wie kann man Zeit exakt messen, wenn Positionen, Geschwindigkeiten und Gleichzeitigkeit relativ sind? Eine Idee dafür ist, dass man dazu Licht verwendet. Da die Lichtgeschwindigkeit konstant ist, sollte ein Lichtstrahl, der sich zwischen zwei relativ zueinander ruhenden Spiegeln hin- und herbewegt, für die Strecke zwischen den Spiegeln immer genau dieselbe Zeit benötigen. Aus dieser konstanten Zeitspanne ergibt sich nun allerdings etwas Merkwürdiges.
Stell Dir vor, dass die Spiegel zwar weiterhin relativ zueinander ruhen, sich allerdings beide gemeinsam mit einer gewissen, relativistisch relevanten, Geschwindigkeit auf einer Höhe fortbewegen, während der Lichtstrahl zwischen den Spiegeln hin- und herpendelt. Durch die Bewegung der Spiegel muss der Lichtstrahl jetzt eine etwas grössere Strecke zurücklegen, um von einem Spiegel zum anderen zu kommen.
Da die Lichtgeschwindigkeit allerdings konstant ist, gibt es nur eine logische Konsequenz: Die Zeit muss langsamer vergehen!
Im linken Bild pendelt der Lichtstrahl zwischen den Spiegeln hin und her. Das Licht bewegt sich mit der Vakuumlichtgeschwindigkeit fort und benötigt immer dieselbe Zeitspanne, um die Distanz zwischen den Spiegeln zurückzulegen.
Im rechten Bild bewegen sich die Spiegel jedoch, relativ zum aussenstehenden Beobachter. Dennoch bewegt sich das Licht zwischen den Spiegeln mit derselben Geschwindigkeit fort. Der Gesamte Weg ist nun länger. Da das Licht nun aber relativ zu den Spiegeln ruht, aber die Spiegel und das Licht sich relativ zum Beobachter fortbewegen, ist die Zeit, welche das Licht zwischen den beiden Spiegeln benötigt für den Beobachter eine andere, als für das Licht selbst.
Zeitdilatation kann man also als eine Art Dehnung der Zeit durch hohe Geschwindigkeiten beschreiben.
Hier muss man allerdings aufpassen, aus welchem Inertialsystem man einen Vorgang betrachtet.
Aus dem ruhenden Inertialsystem heraus ("der Aussensicht") vergeht die Zeit schneller, als aus dem bewegten Inertialsystem heraus.
Bleibt man in einem der beiden Inertialsysteme, so fällt das nicht auf. Wenn man allerdings von einem der beiden Inertialsysteme einen Vorgang im anderen Inertialsystem betrachtet, dann merkt man Unterschiede.
Wichtig: Zur Zeitdilatation gibt es einen Merksatz. Dieser lautet: "Bewegte Uhren gehen langsamer". In Variablen ausgedrückt gilt (siehe unten):t>t′.
Formel zur Zeitdilatation
t=t′⋅1−c2v21=t′⋅k
Wobei für k gilt:
k=1−c2v21
Zur Erklärung der Grössen:
t′
Zeit im ruhenden Inertialsystem S′
t
Zeit vom bewegten Inertialsystem S aus gemessen
v
Relativgeschwindigkeit der Inertialsysteme zueinander
k
Lorentzfaktor (dimensionslos)
c
Lichtgeschwindigkeit
Hinweis: Allgemein gilt, dass relativistische Effekte, so wie Zeitdilatation und Längenkontraktion erst dann rechnerisch beachtet werden müssen, wenn die Relativgeschwindigkeit zwischen den Inertialsystemenv=0,1coder mehr beträgt. Dies gilt unter anderem auch für die relativistische Addition von Geschwindigkeiten.
Folgen der Zeitdilatation
Eine Folge der Zeitdilatation ist das Zwillingsparadoxon, welches von Albert Einstein formuliert wurde.
Dabei ist die Situation die Folgende:
Von Zwillingsbrüdern wird einer der beiden Brüder Astronaut und fliegt für viele Jahre durch das Weltall in seiner Rakete mit einer sehr hohen Geschwindigkeit. Der andere Bruder jedoch bleibt auf der Erde zurück. Nach einigen Jahrzehnten (also aus Sicht des Bruders auf der Erde) kehrt der Astronauten-Bruder jedoch wieder zurück. Die beiden Brüder treffen sich und müssen etwas nur schwer vorstellbares feststellen: Der Zwilling auf der Erde ist deutlich mehr gealtert, als der Zwilling, welcher mit der Rakete geflogen ist. Im Folgenden soll dies mithilfe einer Rechnung an konkreten Zahlenwerten festgemacht werden:
Beispiel:
In diesem Beispiel soll das Zwillingsparadoxon mit Zahlenwerten nachvollzogen werden. Die Zwillinge sind 20 Jahre alt, als sie sich voneinander verabschieden.
Der Astronauten-Bruder fliegt danach für t=30Jahre durch das All (15 Jahre hin und 15 zurück; die Zeitdilatation ist unabhängig von der Richtung der Bewegung.)
Die 30 Jahre sind die Zeit, welche der auf der Erde gebliebene Bruder erlebt.
Die Rakete fliegt dabei mit einer Geschwindigkeit von v=0,8c.
Der Erden-Bruder ist (logischerweise) 50 Jahre alt, wenn sein Bruder zur Erde zurückkommt. Doch wie alt ist der Astronauten-Bruder dann?
Gegeben: Zeit im ruhenden Inertialsystem t=30Jahre; Relativgeschwindigkeit v=0,8c
Das heisst, der Astronauten-Bruder ist bei der Rückkehr 38 Jahre alt- also 12 Jahre jünger als sein Bruder!
Diese Effekte klingen vermutlich sehr erschreckend. Jedoch muss man dazu sagen, dass Zeitdilatation vor allem in so starker Weise auftritt, wenn sich ein Objekt mit enorm hoher Geschwindigkeit bewegt. Im Alltag kommt Zeitdilatation daher nur in minimalem Ausmass vor. Dennoch: bei der Zeitdilatation handelt es sich nicht ausschliesslich um eine Theorie. Der Effekt wurde mittlerweile auch schon experimentell nachgewiesen.
Es gibt beispielsweise eine Teilchenart- die Myonen, welche nur eine sehr geringe Lebensdauer hat: τ=2,2μs, danach zerfallen die Teilchen. Allerdings ist ihr Weg von der Entstehung der Myonen bis zur Erde eigentlich viel zu weit, als dass man auf der Erde ein Myon in einem Detektor finden könnte. Dennoch wurden bereits Myonen nachgewiesen. Auch hier ist die Zeitdilatation dafür verantwortlich. Myonen sind sehr leichte Teilchen. Sie können sich sehr schnell fortbewegen und so vergeht die Zeit aus Sicht der Myonen deutlich kürzer als aus Sicht des Inertialsystems auf der Erde.
Auch im Flugzeug wurde die Zeitdilatation bereits nachgewiesen. Zwei Uhren wurden miteinander sehr präzise synchronisiert. Anschliessend flog eine der beiden Uhren in einem Linienflugzeug zweimal um die Erde. Danach wurden die Zeiten der Uhren miteinander verglichen. Es wurde festgestellt, dass die Uhr, welche im Flugzeug bewegt wurde, um 28 milliardstel Sekunden nachging.
Längenkontraktion
Anhand der Relativität der Gleichzeitigkeit kann man sehen, dass Positionen ebenfalls relativ sein können. Einen objektiven, starren Raum gibt es nicht.
In der Relativitätstheorie ist die eine konstante Grösse der Bewegung, welche es gibt, die Vakuumlichtgeschwindigkeit c.
Wie zuvor gezeigt, ist die vergangene Zeit vom Beobachter bzw. dem Inertialsystem abhängig. Dasselbe gilt für Längen von Objekten bzw. für zurückgelegte Distanzen bei grosser Geschwindigkeit. Dabei tritt die Längenkontraktion in Kraft.
Die Längenkontraktion besagt, dass die Länge, welche man im ruhenden System gemessen hat, stets grösser ist, als die Länge, welche man aus dem ruhenden System heraus betrachtet im bewegten System gemessen hat.
Wichtig: Der Merksatz zur Längenkontraktion lautet: "Bewegte Dinge erscheinen kürzer." In Formelzeichen ausgedrückt gilt:x<x0.
Formel zur Längenkontraktion
Für die Längenkontraktion kann man die folgende Formel verwenden:
x=x0⋅1−c2v2=kx0
k=1−c2v21
Die Formelzeichen stehen dabei für folgende Grössen:
x
Länge des Objektes aus System gemessen, welches sich relativ zum Objekt bewegt (Aus dem bewegten Inertialsystem S)
x0
Länge des Objektes aus dem relativ zum Objekt ruhenden System gemessen (Aus dem ruhenden Inertialsystem S′)
v
Relativgeschwindigkeit der beiden Inertialsysteme zueinander
k
Lorentzfaktor (dimensionslos)
c
Lichtgeschwindigkeit
Beispiel:
Wie lang wäre der Durchmesser des Jupiters entlang der Bewegungsrichtung der Rakete aus Sicht des Astronauten, wenn der Zwilling aus dem vorigen Beispiel mit seiner Rakete mit v=0,8c daran vorbeifliegen würde? Unbewegt ist der Durchmesser des Jupiters d=142984km=x0.
Der Jupiter-Durchmesser wird von der Rakete also als 85790,4km gemessen, was 60% vom ruhenden Jupiter-Durchmesser entspricht.
Gedankenexperiment: Bewegung mit Lichtgeschwindigkeit
Schauen wir uns im Folgenden noch das kleine Gedankenexperiment an: Was würde passieren, wenn man sich in einer Rakete mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegen könnte?
Dies können wir mithilfe der beiden Formeln für die Zeitdilatation und für die Längenkontraktion nachempfinden. Zunächst wird dazu die Zeitdilatation betrachtet. Wenn auf der Erde, also im ruhenden Bezugssystem eine gewisse Zeitspanne vergangen ist, beispielsweise eine Stunde, wie viel Zeit vergeht dann in einem Raumschiff, welches sich relativ zur Erde mit Lichtgeschwindigkeit fortbewegt?
t′=t⋅1−c2v2=1h⋅1−c2(c)2=1h⋅0=0h
Eine Stunde ausserhalb der Rakete entspricht gar keiner Zeit in der Rakete! Das heisst: Von der Rakete aus betrachtet würde die Welt um die Rakete herum komplett stillstehen. Von der Erde aus betrachtet wäre die Rakete hingegen komplett verschwunden, da sie auch lange Strecken zurücklegen kann, ohne dass Zeit vergeht. Und wie wäre dann der Effekt der Längenkontraktion?
Dazu betrachten wir im Folgenden einen Probewürfel, welcher eine Kantenlänge von einem Meter hat. Wie breit würde der Würfel erscheinen entlang der Bewegungsrichtung, wenn man mit Lichtgeschwindigkeit daran vorbeifliegen würde?
x=x0⋅1−c2v2=1m⋅1−c2c2=1m⋅0=0m
Der Würfel hätte also gar keine Breite mehr. So wäre es mit allen Objekten, an denen die Rakete vorbeifliegen würde. Das ganze Universum würde in einen einzigen Punkt zusammenschrumpfen. Das ist alles kaum vorstellbar, oder? Zum Glück sind diese Rechnungen hier rein theoretischer Natur: Es ist absolut unmöglich für ein Objekt, das Masse besitzt, sich mit Lichtgeschwindigkeit fortzubewegen.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist die Zeitdilatation?
Die Zeitdilatation ist ein Phänomen, bei welchem die Zeit in bewegten Objekten langsamer vergeht, als in ruhenden. Dieser Effekt wird aber erst bei Geschwindigkeiten ab 10 % der Lichtgeschwindigkeit wichtig.
Was ist das Zwillingsparadoxon?
Das Zwillingsparadoxon ist eine Folge der Zeitdilatation. Dabei gibt es ein Zwillingspaar, von denen ein Zwilling auf der Erde bleibt und der andere mit extrem hoher Geschwindigkeit für lange Zeit durchs All fliegt. Aufgrund der Zeitdilatation ist die Zeitspanne, welche für den Erdenzwilling vergangen ist, viel grösser als die, welche für den Astronautenzwilling vergangen ist. Daher ist der Astronautenzwilling viel jünger als sein Zwillingsbruder bei der Rückkehr auf die Erde.
Was ist die Längenkontraktion?
Die Längenkontraktion ist ein weiterer Aspekt der Relativitätstheorie. Diese besagt, dass schnell bewegte Objekte kürzer erscheinen.