Grundlegende Objekte der linearen Algebra (einem Teilbereich der Mathematik) sind Vektorräume. In der Schule lernst Du verschiedene Arten von Vektorräumen kennen, manche von ihnen kennst Du bereits.
Jeder Vektorraum folgt denselben Rechenregeln. Wenn Du die Definition also einmal verstanden hast, dann kennst Du die Rechenregeln für alle Vektorräume.
Definition
Eine nichtleere Menge V
mit einer Addition und einer skalaren Multiplikation, die auf V
definiert sind, bezeichnet man als Vektorraum, wenn die folgenden Bedingungen erfüllt sind:
Die Addition und skalare Multiplikation sind abgeschlossen: a+b∈Vund r⋅a∈Vfür alle a∈V,r∈R
Es existiert ein Nullvektor 0∈V
, sodass a+0=a
Zu jedem Element v
in V existiert ein inverses Element −v, sodass −v+v=0
Das Assoziativgesetz für die Addition gilt: (a+b)+c=a+(b+c)
, für alle a,b,c∈V
Das Kommutativgesetz für die Addition gilt: a+b=b+a
, für alle a,b∈V
Es gilt 1⋅v=v
Das Assoziativgesetz für die Multiplikation gilt: (a⋅b)⋅c=a⋅(b⋅c)
, für alle a,b,c∈V
Das Distributivgesetz gilt: r⋅(a⋅b)=r⋅a+r⋅b
und (r+s)⋅a=r⋅a+s⋅afür alle a,b,c∈Vund r,s∈R
Beispiele von Vektorräumen
Die euklidische Ebene
R2 (xy-Ebene) und
der euklidische Raum
R3 (dreidimensionaler Raum) sind die wohl intuitivsten Beispiele für Vektorräume.
Sie beinhalten gerade solche Elemente, die gemeinhin als Vektoren bezeichnet werden. Es gibt allerdings weitere, abstraktere Beispiele für Vektorräume. Beispielsweise bildet die Menge der invertierbaren reellen Matrizen mit der Matrixaddition und Skalarmultiplikation für Matrizen einen Vektorraum. Ebenfalls bildet die Menge aller Polynome über den reellen Zahlen (vom Grad höchstens n )einen Vektorraum für jede natürliche Zahl n.
Lineare Unabhängigkeit
Lineare Unabhängigkeit ist ein zentraler Begriff in Vektorräumen. Eine Menge M={b1,b2,...,bn}⊆VektorraumV
von Vektoren heißt „linear abhängig“, falls Zahlen a1,a2,...,anexistieren, die die folgende Gleichung erfüllen:
a1⋅b1+a2⋅b2+...+an⋅bn=0
Existieren keine Zahlen a1,a2,...,an
, die diese Gleichung erfüllen, so heißt M„linear unabhängig“.
Eine Menge von Vektoren ist also genau dann linear unabhängig, wenn keine Linearkombination ihrer Elemente einen Nullvektor ergibt.
Beispiele –In der euklidischen Ebene
ist eine Menge von zwei Vektoren genau dann linear unabhängig, wenn die beiden Vektoren nicht parallel sind.
Linear abhängig:
{(23),(−4−6)}
Linear unabhängig:
{(10),(01)}
In der ersten Menge sind beide Vektoren parallel.
Beispiel -Im euklidischen Raum R3ist eine Menge von drei Vektoren genau dann linear unabhängig, wenn keine zwei Vektoren in ihr parallel sind und nicht alle in einer Ebene enthalten sind.
Linear abhängig:
{120,3−20010}
Linear unabhängig:
{100,010001}
Beachte, dass die drei Vektoren in der ersten Menge alle in der xy-Ebene liegen, da die z-Komponente jeweils 0 ist.
Basis und Dimension
Definition
Eine Menge von Elementen M
in einem Vektorraum V
heißt Erzeugendensystem von V, falls jedes Element in Vals Linearkombination von Elementen in Mdargestellt werden kann. Sind die Elemente in Mzudem linear unabhängig, dann wird Meine Basis von Vgenannt.
Jede Basis eines Vektorraums hat gleich viele Elemente. Die Anzahl der Elemente in der Basis eines Vektorraums, wird als die Dimension des Vektorraums verstanden.
Veranschaulichung
Die Grafik veranschaulicht
Linearkombinationen zweier
Vektorenb1undb2inR2.
In diesem Fall gilt:
0P10P2=2⋅b1+b2=b1−3⋅b2
Da jeder Punkt in der
Ebene mit einer solchen
Linearkombination dargestellt
werden könnte, ist das
Paarb1,b2ein
Erzeugendensystem.
Da die zwei Vektoren
ebenfalls linear unabhängig sind, bilden sie tatsächlich eine Basis.
Beispiel –Euklidische Ebene (R2
)
Wie bereits bekannt ist, kann jedes Element der euklidischen Ebene (Vektoren mit zwei Einträgen) durch eine Linearkombination der zwei Vektoren (10),(01)
dargestellt werden.
Zum Beispiel kann man den Vektor (7−5)wie folgt als Linearkombination schreiben:
(7−5)=7⋅(10)−5⋅(01)
Somit bilden diese zwei Vektoren ein Erzeugendensystem. Da sie jedoch auch linear unabhängig sind, bilden sie sogar eine Basis von R2 (diese spezielle Basis wird auch „Standardbasis“ genannt). Dadurch folgt sofort, dass die Dimension von R2gleich 2 ist, da die Basis zwei Elemente hat.
Wie bereits erwähnt, kann es mehrere Basen für einen Vektorraum geben. Im Falle von R2
bilden zwei beliebige Vektoren eine Basis, sofern sie nicht parallel sind. Beispielsweise können die Vektoren (−21),(3−2)ebenfalls als Basis verwendet werden. In der Tat kann der Vektor (7−5)wie folgt als
Linearkombination geschrieben werden:
(7−5)=1⋅(−21)+3⋅(3−2)
Beispiel –Die Menge der Polynome über den reellen Zahlen vom Grad höchstens 2 bilden einen Vektorraum. Dies sind die Polynome von der Form ax2+bx+c
mit a,b,c∈R
.
Um den Vektorraum zu beschreiben wird eine Addition und eine skalare Multiplikation benötigt, welche wie folgt definiert werden:
Addition
Für zwei Polynome p1=a1x2+b1x+c1
und p2=a2x2+b2x+c2ist die Summe
p1+p2=(a1+a2)x2+(b1+b2)x+(c1+c2)
Skalare Multiplikation
Für ein Polynom p1=a1x2+b1x+c1
und eine reelle Zahl rist das Produkt
r⋅p1=ra1x2+rb1x+rc1
Die Standardbasis für Vektorräume von Polynomen ist die Menge {1,x,x2,x3,...}
. Im Falle von Polynomen vom Grad höchstens zwei bezeichnet die Standardbasis dementsprechend die Menge {1,x,x2}, was bedeutet, dass dieser Vektorraum die Dimension 3 hat. Allgemein hat ein Vektorraum von Polynomen vom Grad höchstens ndie Dimension n+1.
Die einzelnen Elemente der Basis sind hier als Polynome zu verstehen, also beispielsweise x=0x2+1x+0. Trotzdem kann eine Verbindung zu klassischen Vektoren hergestellt werden. Statt nämlich ein Polynom wie oben beschrieben darzustellen, können lediglich die einzelnen Koeffizienten als Einträge eines Vektors notiert werden:
ax2+bx+cx=0x2+1x+0→abc→010
Mithilfe dieser Überlegung kannst Du ebenfalls sehen, dass der Vektorraum der Polynome vom Grad höchstens 2 äquivalent zum euklidischen Raum R3
ist.
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Lerne mit Grundlagen
Lerne in kleinen Schritten mit Theorieeinheiten und wende das Gelernte mit Übungssets an!
Dauer:
Teil 1
Basiswissen Vektoren: Eigenschaften und Verbindungsvektor
Teil 2
Vektoren Grundoperationen und Rechenregeln
Abkürzung
Erziele 80% um direkt zum letzten Teil zu springen.
Dies ist die Lektion, in der du dich gerade befindest, und das Ziel des Pfades.
Teil 3
Vektorräume & lineare Unabhängigkeit
Finaler Test
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist eine Basis eines Vektorraums?
Die Basis ist eine Menge von linear unabhängigen Vektoren, mit deren Hilfe sich jedes Element des Vektorraums als Linearkombination darstellen lässt.
Wie ist ein Vektorraum definiert?
Vektorräume werden durch eine sogenannte Basis definiert.
Welche Vektorräume gibt es?
Neben den Vektorräumen der Dimension 2 und 3 über den reelen Zahlen gibt es noch viele abstraktere Beispiele. Zum Beispiel bilden die Polynome vom Grad höchstens n einen Vektorraum der Dimension n+1.