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Volk, Nation und Nationalismus

Volk, Nation und Nationalismus

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Lehrperson: Lea

Zusammenfassung

Die Begriffe Volk, Nation und Nationalismus


Das Wichtigste in Kürze

Die Begriffe „Volk“, „Nation“ und „Nationalismus“ hängen ganz eindeutig eng zusammen. Wir benutzen sie im Alltag die ganze Zeit. Dass jede*r von uns zu einer Nation gehört, erscheint uns selbstverständlich. Schließlich haben wir alle einen Pass oder Personalausweis, auf dem unsere Nationalität steht, richtig?  Das Wort Nationalismus begegnet uns ständig in den Medien, und zwar immer als etwas Negatives. 


Aber was bedeutet Nationalismus?

Und warum wird der Begriff heute vorwiegend negativ verwendet? 


Auf diese Fragen und viele mehr erhältst du in der folgenden Zusammenfassung eine Antwort.


Info 1: Definitionen


DER BEGRIFF „VOLK“

Der Begriff „Volk“ beschreibt eine große Gruppe an Menschen. Um als Volk wahrgenommen zu werden, braucht es Gemeinsamkeiten. Diese liegen oft in der Kultur oder werden auf eine (echte oder erdachte) gemeinsame Abstammung zurückgeführt. Ein Volk ist ein „soziales Konstrukt“. Es ist nicht greifbar. Konstruierte Fremd- und Selbstbilder entscheiden, wer als zugehörig wahrgenommen wird und wer nicht. Es dreht sich um die Frage: Wer sind „Wir“ und wer sind „die Anderen“?


DER BEGRIFF „NATION“

Eine Nation ist, genau wie ein Volk, eine Gemeinschaft. Es geht dabei nicht in erster Linie um ein spezielles Gebiet, sondern um eine zusammenhaltende Gruppe von Menschen. Um einen solchen Zusammenhalt schaffen zu können, ist ein gemeinsames Siedlungsgebiet sehr wichtig. Darüber hinaus fühlen sich diese Menschen durch ihre Geschichte, ihre Kultur, eine gemeinsame Sprache oder – ganz wichtig – ein einheitliches politisches System verbunden. 


Heute ist es ganz selbstverständlich, dass jeder Mensch einer Nation angehört. Man hat eine Staatszugehörigkeit und einen Pass, mit dem man sich als einer Nation zugehörig ausweisen kann.


Für eine lange Zeit in der Geschichte war eine Nation aber nichts, was es „wirklich“ gab. Es war einfach eine Idee, ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, eine vorgestellte und gewollte Gesellschaft. Dieses „Nationalbewusstsein“ war identitätsstiftend. Menschen sahen ihren Ursprung fortan in der Nation.  


Vertiefung
Staatsnation und Kulturnation

Als „Staatsnationen“ werden Nationen bezeichnet, die schon früh in ihrer Entstehungsgeschichte auf einer gemeinsamen politischen Ordnung und einer Verfassung beruhten. Ein gutes Beispiel dafür ist Frankreich. 


Bei „Kulturnationen“ dagegen ist das verbindende Element vielmehr die geteilte kulturelle Geschichte. Ein gemeinsames politisches Konstrukt gibt es oft (lange) nicht. Deutschland wird aufgrund seiner wechselhaften Geschichte als Staatenbund immer wieder als Kulturnation bezeichnet.

Geschichte; Deutschland zwischen Restauration und Revolution; 8. Klasse Gymnasium; Volk, Nation und Nationalismus
In der Staatsnation Frankreich bestand das nationale Zusammengehörigkeitsgefühl schon sehr früh und wurde durch die gemeinsame politische Ordnung gestärkt.


DER BEGRIFF „NATIONALISMUS“

Heute kennen wir den Begriff Nationalismus als etwas Negatives. Oft wird damit ausgedrückt, dass Menschen sich selbst und die Mitglieder*innen ihrer „Nation“ als etwas Besseres und Höherwertiges wahrnehmen. Das geht oft Hand in Hand mit rassistischem Gedankengut und wird auch als „übersteigertes Nationalbewusstsein“ bezeichnet. 

In der Geschichte war der Begriff aber nichts Schlechtes. Unter Nationalismus verstand man den Wunsch einer Menschengruppe, die sich selbst als eine zusammengehörende Nation wahrgenommen hatte, einen eigenen Staat zu gründen.


Vertiefung
Ursprung des Nationalbewusstseins

Die Schaffung eines neuen oder starken Nationalbewusstseins geschah aus verschiedenen Gründen. Einige entwickelten sich natürlich, andere wurden von politischen Obrigkeiten angeregt, um ihren Staat und ihre Herrschaft zu sichern. Die Zahl der Einflussfaktoren ist kaum zählbar. Deshalb zeige ich Dir einfach zwei besonders interessante:

  • Gemeinsame Feindbilder: Wann immer ein Volk oder eine Nation einen (realen oder fiktiven) Feind wahrnimmt, gegen den es kämpfen oder sich verteidigen muss, dann schweißt das die Gemeinschaft zusammen. Diesen Mechanismus machen sich Machthaber*innen oft zunutze, wenn sie absichtlich Kriege oder Feindschaften auslösen. Der „Feind“ muss aber nicht außerhalb des Landes sein. Auch Parteien oder Minderheitengruppen werden oft als Sündenböcke benutzt. Mehr Infos zu beiden Beispielen findest Du weiter unten im Text.

  • Historischer Ursprungsmythos: Völker und Nationen beruhen auf einer gemeinsamen Geschichte und Kultur. Dieses verbindende Element war oft natürlich schon vorhanden, wurde aber häufig künstlich verstärkt oder gar erfunden. So setzte sich zum Beispiel die Idee durch, dass alle Mitglieder*innen einer Nation von gemeinsamen (oft glorifizierten) Vorfahren abstammen.


Info 2: Verbreitung 

Nationalismus und der Zusammenhalt als Nation ist per se nichts Schlechtes. Es kommt immer darauf an, was die Ziele der handelnden Personen sind, und wer davon betroffen ist. Die Geschichte von Völkern und Nationalstaaten ist vielfältig und die Ideen hatten in verschiedenen Epochen unterschiedliche Ausprägungen.


NATIONALBEWUSSTSEIN ZUR ZEIT DER NATIONALSTAATENBILDUNG

Die Bildung der Nationalstaaten in Europa zwischen dem 17. und 20. Jahrhundert war ungefähr so vielfältig, wie die Staaten selbst. Sie geschah zu verschiedenen Zeiten und aus unterschiedlichen Gründen. Diese waren sehr vielschichtig. Die "eine" Erklärung für die Gründung von Nationalstaaten gibt es nicht. Meiner Meinung nach hilft es aber dennoch, die drei häufigsten Formen der Nationalstaatenbildung zu kennen:

  • Revolutionen (in Großbritannien 1688/1689 und Frankreich 1789): In diesem Fall gab es vorher schon ein gemeinsames Volk, das in einem Land zusammenlebte. Die Revolutionen stärkten jedoch das nationale Selbstverständnis. Durch demokratische Grundideen kam es weiter zur Übernahme von Eigenverantwortung für die eigene Nation.

  • Staatsbildungen (in Deutschland 1870/1871 und in Italien 1859–1870): Hier gibt es noch kein gemeinsames Land, sondern staatlich getrennte Regionen, die sich aber als national zusammengehörig fühlen. Dies werden dann mittels politischen Bestrebungen vereinigt.

  • Staatszersetzung oder Abtrennung (schrittweise Auflösung des Osmanischen Reichs und des Habsburgerreichs; Griechenland, Serbien, Rumänien und Bulgarien 1829–1908): Bei diesem Phänomen entwickeln sich eigenständige Staaten durch den Zerfall von Großreichen oder Vielvölkerstaaten.
Geschichte; Deutschland zwischen Restauration und Revolution; 8. Klasse Gymnasium; Volk, Nation und Nationalismus
Der Wunsch nach einem Nationalstaat in Deutschland war so groß, dass viele Menschen dafür auf die Straße gingen – hier beim Hambacher Fest.

NATIONALISMUS UND MILITARISIERUNG ZUR ZEIT DES KAISERREICHS

Die Bewohner der eigenständigen Gebiete des deutschen Staatenbundes hatten sich schon lange einen einheitlichen

Nationalstaat gewünscht, der ihrem Nachbarn Frankreich ähnelte. Durch die Gründung des Deutschen Kaiserreichs war das dann Wirklichkeit geworden, zumindest nach außen hin und in politischer Hinsicht. 


Damit ein Nationalgefühl auch von innen heraus entstehen konnte, brauchte es noch etwas länger. Erst durch neue Gesetze in der Wirtschafts- und Sozialpolitik wurde die Lebenswirklichkeit der Menschen sich ähnlicher. Außerdem durften alle Männer im Reich gleichberechtigt wählen. Sie waren vom Staat dazu „gezwungen“, sich in ihrer „Treue zu Kaiser und Reich“ zusammenzutun und damit die Monarchie zu stärken. Der Kaiser und die Glorifizierung des Militärs wurden zu einem nationalen Symbol. Schließlich sollte das starke Militär dafür sorgen, dass das Deutsche Kaiserreich seine neue Vormachtstellung in Europa ausbauen konnte. 


Der Reichsnationalismus und damit der Zusammenhalt der Deutschen wurde durch Feindbilder innerhalb und außerhalb des Reichs weiter gestärkt. Innerhalb waren die Sozialdemokraten und die Katholiken der Zentrumspartei die Feinde, außerhalb galt Frankreich als Erbfeind und England war Feind im Kampf um die Kolonien. 


Geschichte; Deutschland zwischen Restauration und Revolution; 8. Klasse Gymnasium; Volk, Nation und Nationalismus
Kaiser Wilhelm I. und seine Heerführer auf einer Postkarte aus dem Jahr 1915.

„DAS VOLK“ ZUR ZEIT DES NATIONALSOZIALISMUS

Nach der Niederlage im Ersten Weltkrieg war das Nationalbewusstsein der Deutschen im Kaiserreich schwer gekränkt. Die deutsche Nation fühlte sich gedemütigt. Dadurch wurde der Nationalismus immer radikaler und es kam im Jahre 1920 zur Gründung der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), eine von mehreren Gruppierungen, die die Weimarer Republik ablehnten. 


Bei den Mitglieder*innen der NSDAP handelte es sich um Ultranationalisten. Sie wurden schnell zur stärksten Partei und konnten 1933 die Macht übernehmen. Den Begriff der „Volksgemeinschaft“ setzten sie ins Zentrum ihrer Propaganda und wollten damit die ganze Nation erfassen. 



Definition Ultranationalist:
Unter Ultranationalist versteht man eine Person, die eine übersteigerte nationalistische Einstellung hat. Indem sie ihre eigene Nation als überlegen wahrnimmt, vertritt sie oft rassistische Ansichten.


Unter der „starken Führerfigur“ Hitlers sollte es von grösstem Wert sein, den anderen Volksmitglieder*innen zu helfen, ein besseres Leben zu führen. Die Zugehörigkeit (und den Ausschluss) aus diesem Volk begründeten sie mit ihrer „Rassenlehre“. Nur wer als „Arier“ der „Herrenrasse“ angehörte, sollte überleben und die deutsche Nation voranbringen. 

Der damit einhergehende Rassismus und Sozialdarwinismus führte schließlich zu den grausamen Taten des Holocaust, in dem aus ultranationalistischer Überzeugung Juden, Sinti und Roma, Homosexuelle und Systemgegner ermordet wurden. 


Definition Sozialdarwinismus:
Der Sozialdarwinismus ist eine Ideologie, die davon ausgeht, dass nicht alle Menschen gleich viel wert sind. Nur die stärksten sollen überleben und sich fortpflanzen können. Die Ideologie geht zurück auf die Evolutionstheorie von Charles Darwin.


Info 3: Auswirkung


NATIONALISMUS HEUTE 

Das ursprüngliche Ziel des Nationalismus ist lange erreicht. Heute haben alle europäischen Länder festgelegte Grenzen und stabile politische Systeme. Dennoch ist der Nationalismus noch aktiv. 


Heute richten sich nationalistisch gesinnte Menschen und Gruppierungen gegen alles Fremde und gegen das, was sie nicht als ihr „eigenes“ wahrnehmen. Ihr eigenes nationales Interesse steht über allem. Sie fühlen sich als etwas Besseres und Höherwertiges. 


Zum Beispiel wenden sie sich gegen eine Zusammenarbeit mit ihren Nachbarländern oder lehnen die Europäische Union (EU) ab. Ihre politische Haltung ist oft rechtsradikal und teilweise wünschen sie sich eine Abwendung von der Demokratie. Sie zeigen zudem ablehnende und teilweise gewalttätige Handlungen gegen Minderheiten innerhalb ihrer Länder. Dazu gehören unter anderem Menschen mit Migrationshintergrund oder anderer sexueller Orientierung. 


Parteien, die solche Meinungen vertreten, werden aktuell in vielen europäischen Ländern stärker (z. B. die AfD in Deutschland, Lega in Italien, Vox in Spanien und Rassemblement National in Frankreich). Sie stellen eine zunehmende Bedrohung für die Demokratie, die Werte und den Frieden in Europa dar.


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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet „Nationalismus“?

Wie entsteht ein Nationalbewusstsein?

Was ist der Unterschied zwischen einer Staatsnation und einer Kulturnation?

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