In den höheren Schulstufen wirst Du des Öfteren mit verschiedenen Arten von literarischen Texten konfrontiert – auch im Englischunterricht. Grundsätzlich lassen sich alle Texte drei großen Textgattungen zuordnen: der Erzählliteratur („fiction“), der Lyrik („poetry“) und der Dramatik („drama“). Die drei Gattungen unterscheiden sich in ihrer Sprachverwendung, in ihrem Aufbau und ihrer Form, also zum Beispiel darin, wie lang die Texte sind, wie die Absätze gestaltet sind und wie poetisch geschrieben wird.
Alle diese Gattungen sind künstlerisch und fiktional. Fiktional bedeutet, dass die Inhalte der Texte zu weiten Teilen erfunden sind. Es gibt aber auch non-fiktionale Texte (z.B. Zeitungsartikel). Sie werden Sachtexte oder „nonfiction“ genannt und häufig auch als Textgattung betrachtet.
Info 1: Fiction
„Fiction“ hat stets einen erzählerischen Charakter und ist in Prosa verfasst. Prosa bezeichnet die freie, „vers- und reimlose“ Form von Sprache. Zur Erzählliteratur gehören beispielsweise Romane („novels“) und Kurzgeschichten („short stories“).
Beispiel –Ausschnitt aus „Désirée’s Baby” von Kate Chopin (1892)
„Armand,” she called to him, in a voice which must have stabbed him, if he was human. But he did not notice. „Armand,” she said again. Then she rose and tottered towards him. „Armand,” she panted once more, clutching his arm, „look at our child. What does it mean? tell me.”
He coldly but gently loosened her fingers from about his arm and thrust the hand away from him. „Tell me what it means!” she cried despairingly.
„It means,” he answered lightly, „that the child is not white; it means that you are not white.”
A quick conception of all that this accusation meant for her nerved her with unwonted courage to deny it. „It is a lie; it is not true, I am white! Look at my hair, it is brown; and my eyes are gray, Armand, you know they are gray. And my skin is fair,” seizing his wrist. „Look at my hand; whiter than yours, Armand,” she laughed hysterically.
Wie kann man nun diesen Auszug aus Chopins „short story” analysieren? Man kann sagen, dass der Text in Prosa eine Geschichte erzählt. Außerdem kann man noch folgende Aspekte näher betrachten:
Characters: In diesem Textausschnittkommen drei Personen vor: eine „she” (Désirée), Armand (ihr Ehemann) und ihr gemeinsames Baby. Wenn man sich die Beziehung der drei ansieht, dann merkt man, dass Armand hier das Sagen hat, also Désirée hierarchisch vorgesetzt ist.
Plot: Désirée konfrontiert ihren Ehemann damit, dass ihr Baby nicht weiß ist. Die beiden schließen daraus, dass Désirée ohne ihr Wissen schwarze Vorfahren haben muss.
Historical context: Die „short story” wurde 1892 in den USA verfasst. Damals wurde eine klare Trennung von Weißen und Schwarzen gemacht. Schwarz zu sein, war mit vielen Vorurteilen verbunden.
Style: Der Text beinhaltet viel Dialog in direkter Rede und viele Spannungsmittel (z,B. „she cried despairingly”). Désirée ist emotional, ihr Mann Armand unmenschlich und kurzangebunden.
Narrator: Der Erzähler spricht in der 3. Person Singular und ist eher im Hintergrund.
Info 2: Poetry
Die meisten Gedichte („poems“) sind in Versform verfasst. Verse sind vereinfacht gesagt die Zeilen in Gedichten. Meist zeichnen sich Gedichte durch eine besonders kunstvolle, poetische Ausdrucksweise aus. Sie beinhalten oft viele rhetorische Stilmittel, insbesondere Klangelemente und eine bildhafte Sprache.
Beispiel – „London“ von William Blake (1794)
I wander thro’ each charter’d street,
Near where the charter’d Thames does flow,
And mark in every face I meet
Marks of weakness, marks of woe.
In every cry of every Man,
In every Infant’s cry of fear,
In every voice, in every ban,
The mind-forg’d manacles I hear.
How the Chimney-sweeper’s cry
Every black’ning Church appalls;
And the hapless Soldier’s sigh
Runs in blood down Palace walls.
But most thro’ midnight streets I hear
How the youthful Harlot’s curse
Blasts the new-born Infant’s tear,
And blights with plagues the Marriage hears.
Über dieses „poem“ kann man sagen, dass es in Versform verfasst ist und dass viele Klangelemente vorliegen. Dies fällt klar auf, wenn man es laut vorliest. Außerdem:
Structure: Das Gedicht ist in vier Strophen à vier Versen gegliedert.
Rhetorical devices (vgl. die dazugehörige Lektion): Anaphern (z.B. 3 x „In every“), Alliterationen, Assonanzen, Metaphern (z.B. „Runs in blood down Palace walls“), Reime.
Rhymes: Es liegen Endreime im Schema des Kreuzreims (ABAB) vor.
Speaker: Es äußert sich v.a. ein (melancholisches) Ich, indirekt äußern sich aber auch viele andere „Stimmen“ (z.B. der Kaminfeger, das Baby und die Kirche).
Theme and mood: Das Ich geht der Themse (= einem Fluss in London) entlang und hört verschiedene Klänge und Geräusche. Diejenigen, die von etwas Schönem stammen, werden übertönt.
Info 3: Drama
Dramen („plays“) sind für die Aufführung in einem Theater geschrieben. Dementsprechend haben sie ein besonderes Textbild, welches sich durch verteilte Rollen, Dialoge, Regieanweisungen und die Gliederung in sogenannte „acts“ auszeichnet.
Beispiel – Ausschnitt aus „Death of a Salesman“ von Arthur Miller (1949)
BIFF: I stole myself out of every good job since high school!
WILLY: And whose fault is that?
BIFF: And I never got anywhere because you blew me so full of hot air I could never stand taking orders from anybody! That’s whose fault it is!
WILLY: I hear that! LINDA: Don’t, Biff!
BIFF: It’s goddam time you heard that! I had to be boss big shot in two weeks, and I’m through with it! WILLY: Then hang yourself! For spite, hang yourself!
BIFF: No! Nobody’s hanging himself, Willy! I ran down eleven flights with a pen in my hand today. And suddenly I stopped, you hear me? And in the middle of that office building, do you hear this? I stopped in the middle of that building and I saw—the sky. I saw the things that I love in this world. The work and the food and time to sit and smoke. And I looked at the pen and said to myself, what the hell am I grabbing this for? Why am I trying to become what I don’t want to be? What am I doing in an office, making a contemptuous, begging fool of myself, when all I want is out there, waiting for me the minute I say I know who I am! Why can’t I say that, Willy? [He tries to make WILLY face him, but WILLY pulls away and moves to the left.]
WILLY: [with hatred, threateningly]: The door of your life is wide open!
BIFF: Pop! I’m a dime a dozen, and so are you!
WILLY [turning on him now in an uncontrolled outburst]: I am not a dime a dozen! I am Willy Loman, and you are Biff Loman!
In diesem Ausschnitt aus „Death of a Salesman“ gibt es verschiedene Rollen (Namen in Großbuchstaben), einen Dialog und Regieanweisungen (in Kursiv). Außerdem:
Characters: Die Figuren sind Willy, Linda und ihr gemeinsamer Sohn Biff, welcher einen größeren Sprachanteil hat.
Dialogue: Der Dialog ist sehr konfliktreich. Biff wirft Willy übertriebene (wirtschaftliche) Erwartungen vor und erzählt, dass er diesen immer genügen wollte – bis heute.
Historical context: Das Stichwort ist der sogenannte „American Dream“ von wirtschaftlichem Erfolg, wenn man sich nur genug anstrengt. Bei vielen Amerikanerinnen und Amerikanern ist dieser Traum schmerzlich geplatzt. So auch bei Willy und Biff.
Style: Die Figuren streiten und dies wirkt sich auf den Stil aus (vgl. die vielen rhetorischen Fragen, die Ausrufe, die Ironie und Vulgärausdrücke).
Zusatzinfo 1: Glossare
Wenn man im Englisch-Unterricht einen literarischen Text lesen und nachher darüber sprechen oder sogar schreiben muss, fehlen einem häufig die richtigen englischen Termini. Deshalb erhältst Du hier kleine Glossare zu jeder der oben besprochenen Gattungen. Lerne sie doch auswendig!
Ein Drama ist traditionell für die Aufführung auf einer Bühne geschrieben, weshalb die Handlung durch die beteiligten Personen als Schauspiel vorgetragen wird.
Was sind die wichtigsten Textgattungen (="literary genres")?
Die hauptsächlichen Textgattungen sind "fiction", "poetry" und "drama".