Rhetorische Stilmittel (= Rhetorische Figuren) sind Gestaltungsmittel, um einen Text zu verdichten und in sprachlicher Hinsicht auszuschmücken. Es handelt sich dabei meist um Lautkombinationen, Wortkombinationen, oder sprachliche Bilder, welche die Leserschaft beeindrucken und zum Nachdenken anregen. Ein Text gilt als „poetisch“ und manchmal auch als „in stilistischer Sicht hochstehend“, wenn er rhetorische Stilmittel enthält.
Info 1: Rhetorische Stilmittel
Es gibt sehr viele rhetorische Stilmittel. Im Folgenden werden Dir nur die wichtigsten und häufigsten vorgestellt. Nebenbei gesagt: Die rhetorischen Stilmittel werden häufig in Gruppen mit ähnlichen Merkmalen eingeteilt. Zum Beispiel kann man sich überlegen, welche der rhetorischen Stilmittel sogenannte „Tropen“ (Bsp. Metapher) und welche „Figuren“ (Bsp. Chiasmus) sind. Die Klassifizierung ist aber sehr schwierig und wird sehr unterschiedlich gehandhabt. Deshalb wird hier darauf verzichtet.
ALLITERATION
Zwei oder mehr aufeinanderfolgende Wörter haben denselben Anfangsbuchstaben oder -laut.
Beispiel:
Veni,vidi,vici!
RundeRäderrollenrasch.
DerfrüheVogelfängt den Wurm.
ANAPHER
Zwei oder mehr Verse oder Satzglieder beginnen mit dem gleichen Wort oder der gleichen Wortgruppe.
Beispiel:
Wieglänzt die Sonne!
Wielacht die Flur! (J. W. Goethe)
ANTITHESE
Es werden zwei Gedanken/Begriffe gegenübergestellt, die gegensätzlich sind oder sich sogar widersprechen.
Beispiel:
„Erkonnte alles– nurdies konnte er nicht.“
„Ach Gott! Die Kunst istlang,
undkurzist unser Leben“(J. W. von Goethe)
ASSONANZ
Gleichklingende Vokale wiederholen sich.
Beispiel:
ottos mops trotzt
otto: fort mops fort(E. Jandl)
CHIFFRE
Eine Chiffre ist eine Wortkombination/ein Wort/ein Zeichen, das sehr rätselhaft ist. Die Bedeutung ist verschlüsselt.
Beispiel:
„Schwarze Milch der Frühewir trinken sie abends wir trinken sie mittags und morgens wir trinken sie nachts“(P. Celan)
CHIASMUS
Zwei aufeinanderfolgende Sätze oder Wortfolgen werden in einer Kreuzstruktur, also spiegelbildlich, angeordnet.
Grammatisch notwendige Wörter oder Satzteile werden ausgelassen, ohne dass dabei aber die Bedeutung verloren geht.
Beispiel:
Was, Tell. Ihr wolltet-? Nimmermehr-! (F. Schiller)
ENJAMBEMENT (= ZEILENSPRUNG)
Das Satzende fällt nicht mit dem Versende zusammen. Der Satz geht über den Vers hinaus.
Sein Blick ist vom Vorübergehnder Stäbe
so müdgeworden, dass er nichts mehr hält. (R. M. Rilke)
HYPERBEL
Es findet eine bewusste Übertreibung statt, manchmal auch durch Vergleiche.
Beispiel:
EinHerz aus Steinhaben.
Ihr Haar warweicher als Seide.
IRONIE
Es gibt einen Widerspruch zwischen der Bedeutung der Wörter und dem, was eigentlich gemeint ist. Dabei ist der Kontext enorm wichtig.
Beispiel:
Anna macht einen Riesenkrach in ihrem Zimmer. Ihre Mutter klopft an und sagt: „Danke, dass Du immer so leise bist, so kann ich wahnsinnig gut Radio hören.“
Es regnet und ich wollte spazieren gehen –ach wie wunderbar!
KLIMAX
Wörter oder Sätze werden aneinandergereiht, sodass sich die Intensität einer Aussage steigert. Das „Gegenteil“ ist die Antiklimax.
Beispiel:
Er warteteMinuten,Stunden,Tage,Wochen.
Ich habe sie zuerstnett gefragt, dannangeflehtundbestürmt.
LITOTES
Ein Begriff wird durch eine Untertreibung hervorgehoben. Meist wird ein Begriff verneint, der das Gegenteil dessen bedeutet, was eigentlich gesagt werden soll. Dabei ist der Kontext wichtig.
Beispiel:
Ja, er hat echt was Dummes gesagt. Er istnicht gerade die hellste Kerze auf der Torte.
Nicht schlechtgemacht, mein Sohn!
METAPHER
Mit Hilfe einer Metapher wird etwas bildlich beschrieben. Das Wort bzw. die Wörter, die dafür verwendet werden, werden normalerweise in einem anderen Zusammenhang gebraucht.
Beispiel:
Er kann einfach nie nachgeben, er ist echt einsturer Bock!
Wenn du weiterhin kriminelles Zeugs machst, gehst du irgendwann in dieKiste.
OXYMORON
Widersprüchliche Begriffe werden kombiniert, sodass sich in einem Oxymoron ein innerer Widerspruch findet. Dieses Stilmittel ist eine Form der Antithese.
Beispiel:
Derschwarze Schimmel
Um dierunde Ecke
ONOMATOPOESIE (= KLANGMALEREI)
Wörter werden durch Laute ausgedrückt, die wie der Inhalt klingen, den sie beschreiben.
Beispiel:
DrippelndeTropfen.
Wie die Bienen um die Linde Summen, murmeln, flüstern, rieseln (Brentano)
PARALLELISMUS
Satzglieder, die den gleichen Wert haben, werden parallel angeordnet; zwei (oder mehr) aufeinanderfolgende Sätze haben also die gleiche Struktur.
Beispiel:
Ihre Güter zu plündern? Ihre Häuser in Brand stecken? (Cicero)
Heiß ist die Liebe, kalt ist der Schnee.
PLEONASMUS
Wörter, welche die gleiche Bedeutung ausdrücken, werden aneinandergereiht.
Beispiel:
Dietote Leiche
Derweiße Schimmel
PERSONIFIKATION
Tiere, Dinge, Naturereignisse etc. werden vermenschlicht, indem sie wie Personen beschrieben werden. Sind es sehr abstrakte Dinge (z.B. die Gerechtigkeit), die personifiziert werden, handelt es um eine „Allegorie“.
Beispiel:
Einlachender Himmel
DerKirchturm träumtvom lieben Gott (Kästner).
POINTE
Die Pointe ist eine unerwartete Zuspitzung eines Sachverhalts.
Beispiel:
Sie war nett. Sie war freundlich. Und sie war eineMörderin.
Wie hat der Kapitän das U-Boot versenkt? - Es warTag der offenen Tür.
REPETITIO
Ein Satz oder ein Satzteil wird wiederholt. Wird spezifisch der Satzanfang wiederholt, handelt es sich genauer um eine sogenannte „Anapher“.
Beispiel:
Ich fordereMoral.Ich fordereEthik.Ich fordereGerechtigkeit.
Baldda,balddort.
RHETORISCHE FRAGE
Es wird eine Frage gestellt, die keine Antwort verlangt.
Beispiel:
Wie soll ich fliehen?
Wälderwärts ziehen?
Alles vergebens! (J. W. Goethe)
SYMBOL
Etwas Großes wird mit einem vereinfachten Bild dargestellt. Ein Symbol ist somit ein Sinnbild und hat eine übertragene Bedeutung.
Beispiel:
Das Kreuz (Symbol für das Christentum)
Das Herz (Symbol für die Liebe)
SYNÄSTHESIE
Verschiedene Sinneseindrücke werden auf eine „unlogische“ Weise miteinander vermischt.
Beispiel:
Golden wehndieTönenieder (Brentano)
Durch die Nacht, die mich umfangen
Blicktzu mirder Töne Licht(Brentano)
SYNEKDOCHE
Ein Teil wird für das Ganze gesetzt.
Beispiel:
EinKopf/ Pro-Kopf-Einkommen (steht für: eine ganze Person)
Wir leben unter einemDach. (steht für: Haus)
VERGLEICH
Zwei Sachverhalte werden direkt gegenübergestellt und miteinander verglichen.
Und Heeretobten, wie die kochende See(F. Hölderlin)
Info 2: Anwendung
ANALYSEN
Auf höheren Schulstufen ist es eine typische Aufgabe, in einem Text rhetorische Stilmittel zu suchen und zu erkennen. Achte auf Wortkombinationen, Wörter oder Zeichen, und Auffälligkeiten, die Dir im Text ins Auge springen. Überlege dann, um welches Stilmittel es sich handeln könnte.
Das Wissen über verschiedene rhetorische Mittel wird Dir besonders in der Gedichtanalyse behilflich sein. Dort kannst Du Dich zusätzlich fragen:
Wie hängt das Stilmittel mit dem Inhalt des Gedichts zusammen?
Stimmen Form und Inhalt überein oder gibt es Widersprüche?
Welche Effekte haben die verschiedenen rhetorischen Mittel?
Haben sie einen besonderen Klang, transportieren sie eine besondere Bedeutung oder enthalten sie einfach witzige Pointen?
EIGENE TEXTE
Wenn Du Lust hast, kannst Du einige rhetorische Stilmittel in Deinen nächsten Aufsatz einbauen. Übertreibe es aber nicht! Rhetorische Stilmittel sollten zum Text passen, indem sie den Inhalt unterstützen oder kontrastieren. Reihst Du einfach wahllos ein Stilmittel an das andere, klingt Dein Text am Ende etwas seltsam.