Sprachvarietäten: Teilsysteme der deutschen Sprache
Das Wichtigste in Kürze
Bestimmt weißt Du bereits, dass die deutsche Sprache nicht immer gleich verwendet wird, sondern verschiedene Teilsysteme hat, verschiedene Sprachen innerhalb der Sprache. Man sagt auch, sie hat verschiedene „Sprachvarietäten“ oder „Varietäten“. Das ist bei jeder modernen Sprache so.
Schwäbinnen und Schwaben sprechen zum Beispiel anders als Kölner*innen und ältere Leute sprechen anders als jüngere. Das heißt, es gibt nicht nur regionale Unterschiede, sondern auch soziale und kulturelle. In dieser Zusammenfassung lernst Du einige Begriffe, die in Zusammenhang mit den Varietäten wichtig sind.
Info 1: Standardsprache
Wie in jeder Sprache gibt es auch im Deutschen eine Hauptvarietät. Das ist die sogenannte „Standardsprache“, oft auch als „Hochdeutsch“ bezeichnet.
Eine Standardsprache zeichnet sich dadurch aus, dass sie kodifizierte Normen (z.B. Wörterbücher und Grammatiken) hat.
Sie hat amtlichen Status und wird gesellschaftsübergreifend als Maßstab gehalten.
Hält sich jemand nicht an den Maßstab, wird dies von vielen als Fehler empfunden.
Im Folgenden lernst Du, welche Unterschiede es inner- und außerhalb der Standardvarietät gibt.
MÜNDLICHKEIT UND SCHRIFTLICHKEIT
Wie jede Standardsprache verfügt das Hochdeutsche über verschiedene Stile, z.B. einen mündlich-informellen und einen schriftlich-formellen Stil. Je nach Kontext (also je nach Adressat*in und Kommunikationszweck) ist einer der Stile mehr angemessen. So gibt es Formulierungen, die Du zwar sagen kannst, aber nicht schreiben solltest. Am besten siehst Du das anhand eines Beispiels:
Beispiel – mündlich:
Also ich habe das jetzt so gedacht, dass wir als Erstes in den Park spazieren gehen oder so was, und dann Eis essen und dann voll viel shoppen und vielleicht noch baden? Hm, was meinste?
Wie Du sicherlich bereits gemerkt hast, ist dieser Text stark mündlich formuliert. Mündlich konzentriert man sich nämlich weniger auf eine klare Satzstruktur und eine treffende Wortwahl. So würdest Du vielleicht Deinen Freunden schreiben. Aber in der Schule solltest Du nicht so schreiben.
Beispiel – schriftlich:
Ich habe mir überlegt, dass wir zunächst im Park spazieren könnten, danach Eis essen, einkaufen und zuletzt noch baden gehen. Was hältst du davon?
DREI STANDARDSPRACHEN
Das Deutsche ist eine „plurizentrische Sprache“ mit drei nationalen Zentren. Denn auch außerhalb der deutschen Landesgrenzen wird Deutsch gesprochen, nämlich in Österreich und in der Schweiz.
Alle Zentren habeneigene hochsprachliche Standardvarietäten. Im Falle von Österreich ist es Hochdeutsch mit einigen österreichischen Besonderheiten (u.a. die Aussprache und „Austriazismen“) und im Falle der Schweiz ist es Hochdeutsch mit einigen schweizerischen Besonderheiten (u.a. die Aussprache und „Helvetismen“).
Beispiel:
Der Begriff „Kartoffel“ wird in jeder Standardvarietät verwendet. In Österreich kann man jedoch auch „Erdapfel“ und in Süddeutschland und der Schweiz „Herdapfel“ sagen.
Info 2: Dialekt
Sicherlich hast Du bereits von Dialekten gehört und weißt, wie einige davon klingen, z.B. Schwäbisch, Hessisch, Kölsch oder Plattdeutsch. Und vielleicht sprichst Du auch selbst einen Dialekt. Aber weißt Du auch, was genau sie von der Standardsprache unterscheidet?
Dialekte sind Sprachvarietäten, die sichregionalunterscheiden.
Zu Dialekten gehört eine besondereAussprache, ein besondererWortschatzsowie Unterschiede in der Grammatik. Hierin unterscheiden sie sich vom Hochdeutschen.
Meistens wird der Dialekt mündlich, manchmal wird er aber auch schriftlich verwendet.
Wenn Du eine Nachricht in Dialekt schreibst, hältst Du Dich eher weniger an die Grammatik- und Rechtschreibregeln der Standardsprache, als wenn Du in der Standardsprache schreibst oder sprichst.
Es kann sein, dass der Dialekt so anders ist als die Standardsprache, dass man den Dialekt gar nicht versteht, wenn man ihn nicht kennt.
Dialekte nähern sich immer mehr der Standardsprache an. Dadurch entstehen Mischungen zwischen Dialekten und dem Hochdeutschen. Diese nennt manRegiolekte bzw. Regionalsprachen.
Dialekte werden auch „Mundart“ genannt.
Im Folgenden findest Du einige Beispiele aus dem Berliner Dialekt, die nicht so einfach zu übersetzen wären. Überlege Dir, wie man diese übersetzen könnte.
Beispiele:
Dit find ick knorke!
Keene Haare uff’m Kopp, aba ‘n Kamm inner Tasche!
Dit is mir schnurz piepe!
Info 3: Jugendsprache
Es gibt auch Sprachvarietäten, die innerhalb sozialer Gruppen gesprochen werden, sogenannte „Soziolekte“. Ihre Funktion ist die Abgrenzung von der restlichen Gesellschaft und die Stärkung des Zusammenhalts innerhalb der Gruppe. Ein Beispiel für einen Soziolekt ist die „Jugendsprache“.
Wie der Begriff nahelegt, wird die Jugendsprache vor allem von Jugendlichen gesprochen. Dabei ist nicht nur der Wortschatz betroffen, sondern oft auch grammatikalische Strukturen wie z.B. der Satzbau oder Kasusgebrauch. Im Folgenden findest Du einige Merkmale und Besonderheiten von Jugendsprache.
Es gibtnicht nur eine einzigeJugendsprache! Sie ändert sich sehr schnell und variiert von Gruppe zu Gruppe.
Es geht vor allem darum, sich von den Erwachsenen abzugrenzen und eine eigene sprachliche Gruppe zu bilden.
Ein zentrales Merkmal ist diespielerische Variationvon sprachlichen Einheiten.
Jugendsprache enthält viele Wörter aus anderen Sprachen, auchLehnwörtergenannt. Meistens kommen diese Wörter aus dem Englischen: „cool“, „nice“, „bye bye“ und viele mehr.
Es gibt in der Jugendsprache vieleInterjektionen(= Ausrufe) wie z.B. „ich schwör‘“, „Digga“, „Boah“ oder „Yo!“.
Vielleicht ist Dir schon aufgefallen, dass Jugendliche mehrFüllwörterbenutzen, z.B. „und so weiter“ oder „oder so was in der Art“. Dies ist auch ein Merkmal für die gesprochene Sprache.
Zusatzinfo: Kiezdeutsch
Kiezdeutsch ist eine besondere Sprachvarietät. Es hat nicht nur mit der Jugendsprache, sondern auch mitSprachkontaktzu tun. Sprachkontakt heißt, dass an einem Ort mehrere Sprachen aufeinandertreffen. Im Beispiel von Kiezdeutsch sind es eine Vielzahl an Sprachen, die sich mit dem Deutschen in Kontakt gekommen sind, wie z.B. Arabisch oder Türkisch.
Im Kiezdeutsch werden nicht nur neue Wörter entlehnt. Auch die Satzstruktur wird verändert, wie Du hier sehen kannst:
Beispiele:
Kommst du auch Schwimmbad?
anstatt: Kommst du auch mit ins Schwimmbad?
Ist kaputt.
anstatt: Es ist kaputt.
Es ist interessant zu beobachten, wie sich die deutsche Sprache verändert. Vielleicht denkst Du das auch, wenn Du das nächste Mal einen Dialekt oder etwas in Jugendsprache hörst.
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Lerne mit Grundlagen
Lerne in kleinen Schritten mit Theorieeinheiten und wende das Gelernte mit Übungssets an!
Dauer:
Teil 1
Geschichte der deutschen Sprache
Teil 2
Die Soziolinguistik: Zwischen Gesellschaft und Sprache
Teil 3
Linguistische Teildisziplinen
Abkürzung
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Optional
Teil 4
Sprachvarietäten: Teilsysteme der deutschen Sprache
Finaler Test
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wodurch zeichnet sich die Jugendsprache aus?
Es gibt nicht nur eine einzige Jugendsprache! Sie ändert sich sehr schnell und variiert von Gruppe zu Gruppe. Es geht vor allem darum, sich von den Erwachsenen abzugrenzen und eine eigene sprachliche Gruppe zu bilden. Jugendsprache enthält viele Wörter aus anderen Sprachen, auch Lehnwörter genannt.
Wodurch zeichnen sich Dialekte aus?
Dialekte sind Sprachvarietäten, die sich regional unterscheiden. Zu Dialekten gehört eine besondere Aussprache, ein besonderer Wortschatz sowie Unterschiede in der Grammatik. Hierin unterscheiden sie sich vom Hochdeutschen. Meistens wird der Dialekt mündlich, manchmal wird er aber auch schriftlich verwendet.
Wodurch zeichnet sie die Standardsprache aus?
Eine Standardsprache zeichnet sich dadurch aus, dass sie kodifizierte Normen (z.B. Wörterbücher und Grammatiken) hat. Sie hat amtlichen Status und wird gesellschaftsübergreifend als Maßstab gehalten. Hält sich jemand nicht an den Maßstab, wird dies von vielen als Fehler empfunden.