Der Eingriff in das genetische Material von Organismen findet Anwendung in diversen Gebieten, überall wo Gene auftauchen. Beim Menschen, bei Krankheiten, bei Bakterien, Viren und Mikroorganismen, sowie bei Tieren und Pflanzen.
Ziel ist eine Modifikation von allem, was Produkt dieser Gene sein kann. Von kleinen Proteinen, über Enzyme, und Medikamente bis hin zu Eigenschaften der Organismen, wie Resistenzen und Verhalten. Nach genetischer Veränderung werden entsprechende Lebewesen als transgene Organismen bezeichnet. Um diese Vielfalt der Möglichkeiten zu sortieren, gibt es eine farbcodierte Einteilung in drei große Gruppen:
Rote Gentechnik
Medizin und Pharmazie
Impfstoffe
Medikamente
Gentherapie
Diagnostik
Weiße Gentechnik
Industrielle Verfahren
Enzyme
Lebensmittelzusätze
Mikroorganismen mit speziellen Eigenschaften
Grüne Gentechnik
Landwirtschaftliche Produktion
Schädlingsresistenz
Pesitizidresistenz
Optimierung von Nutztieren
Grundlagen der Gentechnik
Die Idee ist die Veränderung eines Genoms, um eine gewünschte Optimierung zu erwirken. Das kann das Vorbeugen und Heilen, oder gar Herausfinden von Krankheiten sein. Es kann die industrielle Herstellung von Enzymen und Proteinen bedeuten, die im Alltag und der Industrie verwendet werden, oder die Züchtung von besonders ertragreichen Pflanzen und Nutztieren in der Landwirtschaft.
Zielgen
Sobald klar ist, welches Gen benötigt wird, beginnt der erste Schritt damit, dieses ausfindig zu machen. Dank jahrelanger Forschung sind bereits viele Informationen über DNA-Sequenzen von Organismen bekannt. Während bei Prokaryonten eine einfacheIsolation der gewünschten DNA-Abschnitte möglich ist, muss bei Eukaryonten aufgrund der in der eukaryotischen DNA enthaltenen Intron-Sequenzen ein anderer Ansatz gewählt werden. Bei diesen ist der Ausgangspunkt die mRNA, die in einer speziellen PCR durch die Reverse Transkriptase in eine cDNA (complementary DNA) umgeschrieben wird.
Es ist wichtig, dass die zu transferierende DNA genau die Sequenz darstellt, die später für die Herstellung des gewünschten Genproduktes benötigt wird. Deshalb kann die Eukaryonten DNA mit Intron-Abschnitten nicht verwendet werden.
Hinweis: Die reverse Transkriptase stammt aus Viren und wird hier für die Zwecke der Gentechnik genutzt. Viren selbst haben eine RNA, welche bei der Infektion mit Wirtszellen gemeinsam mit der reversen Transkriptase in diese übertragen wird. Durch die reverse Transkriptase gelingt eine Umschreibung der viralen RNA in DNA innerhalb der Wirtszelle.
Gen Vorbereitung
Die isolierte cDNA wird in einer PCR vervielfältigt, wobei spezielle Primer mit besonderer Basenabfolge verwendet werden. Restriktionsenzyme erkennen die besondere Basenabfolge der speziellen Primer und schneiden die cDNA an ihren beiden Enden derart, dass sie klebrig ist, wodurch sie sich gut mit anderen DNA-Enden verbinden kann.
Hinweis: Die Restriktionsenzyme können auch als genetische Scheren bezeichnet werden, sie stammen aus Bakterien und werden hier für die Zwecke der Gentechnik genutzt. Bakterien besitzen diese vorsorglich zum Eigenschutz, denn sollte virale DNA in das Bakterien Genom eingebaut worden sein, kann das Bakterium diese eingedrungene DNA der Viren ausschneiden.
Vektor Vorbereitung
Ein Vektor überträgt etwas, in diesem Fall das Gen. Eine andere Bezeichnung ist auch Gen-Taxi, oder Gen-Fähre. Besonders geeignet sind Plasmide. Dabei handelt es sich um ringförmige DNA-Moleküle aus Bakterien. Damit ein reibungsloses Einfügen der cDNA in das Plasmid erfolgen kann, wird das Plasmid mit demselben Restriktionsenzym geschnitten, wie die cDNA. Durch diese komplementären (klebrigen) Enden sind die Voraussetzungenfür eineZusammenführung nun gegeben.
Transformation
Die Zusammenführung von Gen und Vektor heißt auch Transformation. Vom gleichen Restriktionsenzym geschnittene cDNA und Plasmid werden mithilfe einer Ligase zusammengebaut.
Hinweis: Das Enzym Ligase hilft bei der Reparatur von DNA-Schäden und der Replikation und sorgt für eine Zusammenführung von DNA-Abschnitten. Sie lässt sich auch als genetischer Kleber bezeichnen.
Rote Gentechnik
Die Diagnose, Behandlung oder Vorbeugung von Krankheit stehen bei der roten Gentechnik im Mittelpunkt. Der Bereich ist die Medizin und Pharmazie.
Medikamente
Gene, die für spezifische Proteine, Enzyme, Antikörper oder Hormone kodieren, können isoliert und in einen Mikroorganismus als Vektor übertragen werden. Der Mikroorganismus kann dann das gewünschte Genprodukt produzieren.
Identifizierung von Krankheiten
Der Ansatz gelingt über Gene, die für bestimmte Antikörper kodieren. Nach Vervielfältigung von Antikörpern reagieren diese mit dem entsprechend vorliegendem Krankheitserreger (Antigen) und ein Nachweis ist gegeben.
Gentherapie
Bei genetischen Erkrankungen liegen oft Mutationen einzelner Gen-Abschnitte vor, die keine bzw. fehlerhafte Proteine, Zellen, Gewebe oder Organe bilden. Ein funktionsfähigesErsatz-Gen soll in das Genom eingebaut werden, um das Defizit zu kompensieren. Das aktuelle Problem stellt dar, dass fremde Gene noch nicht zielgenau eingebaut werden können, und keine Weitergabe an die Tochterzellen stattfindet.
Keimbahntherapie
Einbau neuer oder Veränderung vorhandener Gene bereits im Keimzellstadium. Wird wegen unvorhersehbaren Auswirkungen und Abschätzung des Gesundheitsrisikos noch nicht umgesetzt.
Grundlagenforschung
Wissenschaftlicher Erkenntnisgewinn zu diversen Krankheiten.
Weiße Gentechnik
Die Industrie produziert Enzyme und eine große Palette an anderen Stoffen durch die Hilfe von Mikroorganismen wie Hefen und Bakterien. Zu den produzierte Stoffen zählen Enzyme, Lebensmittelzusätze und Mikroorganismen mit bestimmten Eigenschaften.
Beispiele Enzyme:
Chymosin (Labenzym) zur Käseherstellung.
Lactase zur Aufspaltung von Milchzucker.
Proteasen und Lipasen zur Spaltung von Proteinen bzw. Fett bei Waschmitteln.
Grüne Gentechnik
Landwirtschaftlich bietet eine Optimierung von angebauten Pflanzen und Nutzvieh einen auch wirtschaftlichen sehr interessanten Anreiz. Bei einer immer zahlreicher werdenden Weltbevölkerung ist aber auch im Hinblick auf die begrenzten Ressourcen eine Verbesserung bei Anbau, Widerstandsfähigkeit bzw. Züchtung, Versorgung und schließlich Ertrag von besonderem Interesse. Die gentechnisch veränderten Organismen bzw. Pflanzen werden auch oft als GVO bzw. GVP bezeichnet.
Gentechnisch veränderte Pflanzen (GVP)
Schädlinge und Unkraut beeinträchtigen das Wachstum und den Instandhaltungsaufwand der Pflanzen bedeutend, was sich auf die Ernte und den Ertrag negativ auswirkt.
Die genetischen Aspekte, die aufgrund dessen im Mittelpunkt der landwirtschaftlichen Gentechnik stehen, sind
Resistenz gegen Schädlinge.
Insektizidresistenz (Resistenz gegen Insektenvernichtungsmittel).
Herbizidresistenz (Resistenz gegen Unkrautvernichtungsmittel).
gute Wachstumsbedingungen möglichst unabhängig von Standort, Wetter, ohne dass intensive bzw. teure Pflege anfällt.
Produktqualität
Nährwertsteigerung
Im Laufe der Zeit konnten sich jedoch, wie zu erwarten bei Schädlingen und Unkraut eine Resistenzentwicklung zeigen.
Gentechnisch veränderte Tiere
Bei Nutztieren steht die Gewinnung von tierischen Produkten, wie zum Beispiel Fleisch, Milch und Eier im Vordergrund. Landwirte und Züchter streben nach Tieren mit möglichst geringen Instandhaltungskosten und hohen Erträgen. Während die natürliche Züchtung zeit- und kostenaufwendig, dabei nicht immer von Erfolg geprägt ist, kann die gentechnische Modifikation von Tieren den gewünschten Effekt effizienter herbeiführen.
Gesetzeslage
In Deutschland und in der Schweiz ist der Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen und die Züchtung von gentechnisch veränderten Nutztierenverboten.
Zusatzinfos für höhere Klassen:
Synthetische Biologie
Die künstliche Version von belebter Natur. Aus nicht-belebten Material lebende Organismen herstellen. Ein junges, vielversprechendes Forschungsgebiet. Um Leben im Labor nachzubauen, erfordert es viele Komponenten und das Wissen über Zusammenhänge und Interaktionen.
Sinn findet die synthetische Biologie in der Grundlagenforschung, es wird ein besseres Verständnis von Zellen angestrebt und der Versuch unternommen, Medikamente und Stoffe herzustellen auf künstlichem Wege verfügbarer zu machen, die in der Natur nicht bzw. nicht ausreichend zur Verfügung stehen.
Top-down-Ansatz
Von oben nach unten - in der Reihenfolge der Wichtigkeit, wurden die einzelnen Gene nacheinander bei einem Mycoplasma-Bacterium ausgeschaltet, um herausfinden zu können, welche Gene für das Leben von Mycoplasma vonnöten sind. Die Forschung fand heraus, nur 400 Gene bilden das Minimalgenom, um ein selbstständiges Leben von Mycoplasma zu sichern. Diese Erkenntnis gilt nur für das Mycoplasma, ist aber ein erster Ansatz.
Bottom-up-Ansatz
Von unten nach oben - die Neuerschaffung eines lebensfähigen Genoms. Die Konstruktion durch Zusammenführung einzelner Gene des Mycoplasma Bakteriums, gelang durch einzelnen Gene, kurze DNA-Stränge, die für bestimmte Genprodukte codieren und nach dem Baukastenprinzip zusammengestellt wurden. Das künstlich erschaffene Genom wurde in die Hülle eines DNA-freien E.coli Bakteriums transferiert, das zelleigene Genmaterial wurde zuvor entfernt. Die E.coli Hülle mit dem synthetisch hergestellten Mycoplasma Genom war die erste Zelle mit künstlichen Genom.
Orthogonaler Ansatz
Aufgrund der berechtigten Sorge, was mit synthetischem Leben und seiner unkontrollierter Freisetzung in die Welt geschieht, gibt es diverse Ansätze für Kompromisse. Da die Folgen und möglichen Interaktionen mit anderen Organismen nicht abschätzbar sind, wird durch folgende Abweichungen versucht, synthetisches von natürlichem Leben zu trennen, um Mischformen von vornherein auszuschließen.
Abweichende Proteinbiosynthese durch Verwendung anderer DNA-Nucleotide, die in der Natur nicht verwendet werden.
Modifikation von Ribosomen zur Verwendung eines 4-Nukleotid Codons anstelle des natürlichen 3-Nukleotid Codons.
Beispiel für rote Gentechnik:
Menschen mit Diabetes können selbstkein Insulinbilden. Während früher tierisches Insulin zur Therapie verwendet wurde, kann heute dank Gentechnik durchtransgene Bakterien mit eingeschleuster, menschlicher, für Insulin kodierende DNArelativ kostengünstig und in großen Mengen Insulin hergestellt werden.
Beispiel für grüne Gentechnik:
Wie praktisch wäre es, wenn durch Gentechnik Pflanzen modifizieren werden könnten, die ihr eigenes Insektizid herstellen, um sich selbst vor Schädlingen zu schützen?
Ein Hauptschädling für Mais ist der Maiszünsler. Um ihn zu bekämpfen, wird ein Gift verwendet, welches vom Bakterium Bacillus thuringiensis (Bt) stammt, das Bt-Toxin. Das Bt-Toxin-Gen konnte aus dem Bacillus thuringiensis isoliert werden. Mithilfe einer besonderen Eigenschaft eines anderen Bakteriums, das Agrobacterium tumefaciens konnte das Bt-Toxin-Gen in das Genom von Maispflanzen integriert werden. Das hier als Vektor dienende Agrobacterium tumefaciens dringt natürlicherweise in Pflanzenzellen ein und infiziert Zellen durch Einbau des eigenen tumorinduzierenden (Ti-) Plasmids. Dieser Mechanismus wird genutzt, um anstelle des Ti-Plasmids das Bt-Toxin-Gen in die Maispflanze zu integrieren. So erzeugt man Bt-Mais, welcher nun Bt-Toxin in Blättern und Stängeln produziert. Frisst der Maiszünsler an den Maispflanzen, so stirbt er durch das Bt-Toxin.
Wissenschaftliche, ethische und soziale Fragen
Wissenschaftlich bietet die Gentherapie unendlich viele Möglichkeiten. Eine große Einschränkung ist, dass Gene noch nicht gezielt in das Genom eingebaut werden können. Solange darüber keine ausreichende Kontrolle herrscht, kann die Gentechnik nur mit Risiken angewendet werden.
Ethisch stellt sich die Frage, inwieweit sich bei der Gentechnik die große Chance auf Fortschritt gegen die noch unbekannten Risiken aufwiegen. Die Auswirkungen von GVO mit der Umwelt sind noch unzureichend erforscht. Die Komplexität ist schwer zu greifen und trotz größter Mühen, können nicht alle Aspekte bedacht werden, um sichere Aussagen treffen zu können.
Gesellschaftlich sind aufgrund der Undurchschaubarkeit der Thematik viele Stimmen vor allem gegen die grüne Gentechnik. Was passiert mit dem ökologischen Gleichgewicht, wenn Genome in ihr künstlich veränderten Gestalt durchmischt werden? Wie weit beeinflusst die Gentechnik das Leben und gibt es ein Zurück, wenn sich Probleme bemerkbar machen?
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Lerne mit Grundlagen
Lerne in kleinen Schritten mit Theorieeinheiten und wende das Gelernte mit Übungssets an!
Dauer:
Teil 1
DNA: Struktur, Arbeits- & Transportform
Teil 2
Entwicklung & Erweiterung des Genbegriffs
Teil 3
Genregulation bei Eukaryoten & Prokaryoten
Abkürzung
Erziele 80% um direkt zum letzten Teil zu springen.
Optional
Teil 4
Rote, weiße & grüne Gentechnik
Finaler Test
Test aller vorherigen Teile, um einen Belohnungsplaneten zu erhalten.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist die genetische Schere?
Das Restriktionsenzym bestimmter Bakterien vermag es bei Vorhandensein bestimmter Primer an ebendiesen eine DNA so zu schneiden, dass die geschnittenen Enden sich gut in andere DNA einfügen lassen. Die Enden sind "klebrig" und verbinden sich gut mit anderer DNA. Das macht man sich beim Einsetzen eines Ziel Gens in ein Plasmid zunutze.
Was ist ein Gen-Taxi?
Auch Gen-Fähre genannt. Es handelt sich um einen Vektor, der ein Gen überträgt. Meist handelt es sich um ein Plasmid, ein ringförmiges DNA-Molekül der Bakterien. In dieses lässt sich ein bestimmtes Gen einsetzen.
Was sind die drei Bereiche der Gentechnik?
Die rote Gentechnik gehört zur Medizin und Pharmazie, die weiße Gentechnik beschäftigt sich mit industriellen Verfahren und die grüne Gentechnik mit Landwirtschaftlicher Optimierung.