Relativität der Gleichzeitigkeit und relative Bewegungen
Wie kann man sicher und präzise feststellen, dass zwei Prozesse gleichzeitig ablaufen, wenn die Informationsübertragung maximal mit Lichtgeschwindigkeit stattfinden kann? Gerade über weite Distanzen, wie es im Weltall praktisch ständig der Fall ist, treten dadurch grosse Verzögerungen innerhalb der Informationsübertragung auf.
Definition
Ereignisse an zwei Orten A und B in einem Inertialsystem sind gleichzeitig, wenn sich die von ihnen ausgesandten Lichtsignale genau in der Mitte zwischen A und B treffen.
Die Definition der Gleichzeitigkeit in der Relativitätstheorie bedient sich also an der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit.
Wenn sich allerdings nun der Beobachter im Inertialsystem bewegt, dann treffen die Lichtsignale, welche von den beiden Prozessen gleichzeitig ausgesendet wurden, im Allgemeinen (also immer, ausser wenn sich der Beobachter Senkrecht zur Verbindungslinie der beiden Prozesse bewegt) nicht gleichzeitig beim Beobachter ein. Die Folge davon ist, dass die Gleichzeitigkeit von der Wahl des Bezugssystems abhängt. Gleichzeitigkeit ist demnach relativ. Die Folgerung aus der Definition der Gleichzeitigkeit ist also die Folgende:
Zwei Ereignisse, die in einem Inertialsystem S gleichzeitig stattfinden, werden in einem relativ zu S bewegten Inertialsystem nicht als gleichzeitig registriert.
Relative Bewegungen
Ein Auto fährt mit 60 hkm. Ist diese Bewegung damit ausreichend beschrieben? Wenn man es genau nimmt, ist sie das nicht. Es stellt sich die Frage, relativ wozu das Auto mit dieser Geschwindigkeit fährt. Betrachtet man es relativ zur Strasse, dann macht die Aussage mehr Sinn. Allerdings ist es allgemein wichtig anzugeben, relativ wozu eine Bewegung abläuft. Im Falle des Autos, welches sich relativ zur Strasse mit 60 hkm fortbewegt, verhält es sich ebenfalls so, dass sich zur selben Zeit das Auto mit 0 hkm relativ zum Fahrer des Autos bewegt. Nimmt man nun als Bezugspunkt die Sonne, dann bewegt sich das Auto mit etwa 30 skm fort.
Dieses Phänomen tritt nicht nur bei der Bewegung des Autos auf. Im Allgemeinen ist es so, dass jedes Inertialsystem gleichberechtigt ist, wenn ein Vorgang beschrieben werden soll. Es besteht ausserdem kein Unterschied zwischen einem ruhenden Bezugssystem und einem anderen, welches sich relativ zum ersten System geradlinig gleichförmig mit der Geschwindigkeit v fortbewegt.
Einstein-Synchronisation
Um an verschiedenen Orten Zeiten messen und vergleichen zu können, müssen die Uhren synchronisiert werden. Wie ist dies nun allerdings möglich, wenn sich die Uhren an weit entfernten Orten befinden? Albert Einstein hat dafür eine Möglichkeit gefunden, welche die Informationsübertragung mit Licht beinhaltet. Nun gibt es zwei Möglichkeiten dafür.
Uhren im selben Inertialsystem
Wenn die Uhren, die synchronisiert werden sollen, sich im selben Inertialsystem befinden, dann kann die Synchronisation mithilfe von Lichtblitzen ablaufen, die in der Mitte zwischen den beiden Inertialsystemen ausgelöst werden. Wenn die Lichtsignale bei den Uhren eintreffen, dann starten die Uhren ihre Zeitmessung. Damit sind die beiden Uhren synchron.
Uhren in zueinander bewegten Inertialsystemen
Die Synchronisation von Uhren, welche sich in unterschiedlichen Inertialsystemen befinden, die sich relativ zueinander bewegen, ist etwas komplizierter. Ein Beispiel dafür wäre der folgende Fall: Zwei Raketen, welche je eine Uhr im vorderen Bereich und eine weitere im hinteren Bereich haben, fliegen aneinander vorbei mit einer Geschwindigkeit, welche gross genug ist, sodass man relativistische Effekte nicht mehr vernachlässigen kann. Nun wird zu dem Zeitpunkt, an dem die beiden Raketen gerade aneinander vorbei fliegen genau zwischen den Raketen ein Lichtsignal ausgelöst, welche die vier Uhren in den Raketen synchronisieren soll. Dieses Lichtsignal ruht relativ zu einer der beiden Raketen.
Dies kann in der folgenden Graphik gut veranschaulicht werden:
Erklärung:
A) Das Lichtsignal wird ausgelöst. Die Positionen der Raketen sind zum Start so gewählt, dass sich die Uhren auf der gleichen Höhe befinden. Rakete 1 bewegt sich im folgenden mit v=0,5c entlang der Bewegungsachse fort.
B) Da sich Uhr A auf das sich ausbreitende Lichtsignal zu bewegt, wird diese Uhr als erstes ausgelöst.
C) Das Lichtsignal breitet sich weiter aus. Es trifft auf die relativ zur Lichtquelle stillstehenden Uhren C und D, wodurch diese ausgelöst werden.
D) Das Lichtsignal holt schliesslich Uhr B ein, welche sich durch die Bewegung der Rakete von der Ausbreitung des Lichtsignals wegbewegt hat. Dadurch wird Uhr B ausgelöst.
Beispiel:
Zwischen den Uhren A und B in den Raketen gibt es einen Abstand von 100 m. Die Uhren C und D haben denselben Abstand zueinander. Die Relativgeschwindigkeit zwischen den Raketen beträgt v=0,5c. Die Raketen bewegen sich auf einer gemeinsamen Achse. Welche Zeit zeigen die Uhren in der Situation in d) dann an?
Zunächst einmal müssen Fixpunkte festgelegt werden. Dazu wird hier der Koordinatenursprung genau in die Mitte zwischen den Uhren gelegt. Dann befinden sich die Uhren A und C anfangs bei s0,A=−50 m. Der Anfang der Zeitmessung sei hier durch die Zeit gegeben, ab welcher der Lichtblitz startet.
Nun soll bestimmt werden, wie viel Zeit zwischen dem Start der Zeitmessung und dem jeweiligen Start der Uhren liegt.
a) Das Signal startet, dies entspricht der Zeit t0=0 s
b) Um die Dauer zu berechnen, welche zwischen t0 und dem Start von Uhr A liegt, muss man die Positionen vom Licht und von der Uhr A gleichsetzen:
s0,A+v⋅tA=s0,L−c⋅tA
Wobei gilt: s0,A=−50 m und s0,L=0 m. Die Vorzeichen der Geschwindigkeiten müssen unterschiedlich sein, weil sich die Rakete auf das Licht zu bewegt. Daraus ergibt sich:
−50 m+0,5c⋅tA1,5c⋅tA→tA=32⋅50 m=−c⋅tA∣+c⋅tA+50 m=50 m ∣⋅32÷c⋅c1=33,3⋅c1=0,1×10−6 s
c) Als nächstes kommt das Licht bei den Uhren C und D an und diese werden gestartet. Da sich beide Uhren nicht bewegen (relativ zur Lichtquelle), kann man aus der Lichtgeschwindigkeit und dem Weg die Zeitspanne bis zum Start der beiden Uhren berechnen:
c=tCΔs→tC=cs=c50 m=1,6×10−7 stC=tD
d) Als letztes startet Uhr B. Für diese ist es wieder notwendig, die Positionen gleichzusetzen; diesmal betrifft das die Positionen vom Licht und von Uhr B:
s0,B+v⋅tB=s0,L+c⋅tB
Diesmal haben die Geschwindigkeiten beide ein positives Vorzeichen, da sich Licht und Rakete in dieselbe Richtung bewegen. Hier gilt: s0,B=50 m. Damit ergibt sich:
50 m50 m→+0,5c⋅tB=c⋅tB=0,5c⋅tBtB=0,3×10−6 s
Nun soll noch berechnet werden, welche Zeiten die Uhren in d) anzeigen, wenn sie bei a) starten. Dazu wird jeweils die Differenz aus tB und der Zeitspanne der anderen Uhr gebildet:
Uhr A zeigt: | tB−tA=0,2⋅10−6 s |
Uhr B zeigt: | tB−tB=0 s |
Uhren C und D zeigen: | tB−tC=tB−tD=0,16⋅10−6 s |