Direkte Demokratie: Wie gestaltest Du die Schweiz als Bürger*in mit?
Das Wichtigste in Kürze
Die direkte Demokratie gibt den Bürgerinnen und Bürgern in der Schweiz die Möglichkeit, selber Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Streng genommen ist es eine halbdirekte Demokratie, weil es ja weiterhin Politikerinnen und Politiker und Parlamente gibt. Nur haben die Bürgerinnen und Bürger das letzte Wort und können Beschlüsse der gewählten Politikerinnen und Politiker, beispielsweise ein neues CO2-Gesetz, annehmen oder ablehnen.
Die Bürgerinnen und Bürger können in einer halbdirekten Demokratie auch selbst politische Änderungen anstossen, ohne dass Politikerinnen und Politiker tätig werden. Sie können beispielsweise mehr Schutz der Jugendlichen vor Tabakwerbung fordern und ihr Anliegen dem Stimmvolk vorlegen.
Die halbdirekte Demokratie führt tendenziell dazu, dass die Bürgerinnen und Bürger zufriedener mit dem Staat sind, wie Studien zeigen. Dazu benötigt die direkte Demokratie jedoch politisch gebildete, gut informierte und engagierte Bürgerinnen und Bürger, freie Medien und echte öffentliche Debatten vor den Abstimmungen.
In dieser Zusammenfassung erfährst Du mehr über die direkte Demokratie in der Schweiz. Du lernst, welche direktdemokratischen Tools es gibt. Nach der Lektüre dieser Zusammenfassung verstehst Du, was die direkte Demokratie den Bürgerinnen und Bürgern bei der Gestaltung des Staates bringt und was es braucht, damit sie funktioniert.
1: Wie gestaltest Du die Schweiz ohne direkte Demokratie?
Von einer repräsentativen oder indirekten Demokratie spricht man, wenn die Bürgerinnen und Bürger die Ausarbeitung neuer Gesetze an Parlamente übertragen. Es wird gewählt, aber nicht abgestimmt.
Wenn Du 18 bist und einen Schweizer Pass besitzt, giltst Du als mündiger und volljähriger Bürger, als mündige und volljährige Bürgerin und bist wahlberechtigt.
Alle vier oder fünf Jahre kannst Du wählen, wer dich in den Parlamenten vertreten soll.
Bei einer Wahl treten Kandidatinnen und Kandidaten mit einem grossen, bunten Strauss an Themen, Vorschlägen und Positionen an. Die einen versprechen, das Rentenalter zu senken, die Semestergebühren an der Uni abzuschaffen und den Umweltschutz zu beschränken. Die anderen versprechen ein tieferes Rentenalter, höhere Uni-Gebühren und mehr Umweltschutz. Wen wählst Du?
Als Wahlberechtigter, als Wahlberechtigte darfst Du auch selbst für Parlaments- und Regierungsämter kandidieren.
2: Wie gestaltest Du die Schweiz mit direkter Demokratie?
In der Schweiz stehen Dir national drei direktdemokratische Tools zur Verfügung. Alle wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger sind auch stimmberechtigt und dürfen davon Gebrauch machen. Um welche drei Tools handelt es sich?
Initiative: Fehlt Dir ein wichtiges Anliegen im Themen-Strauss der Politikerinnen und Politiker? Möchtest Du lieber das Rentenalter erhöhen? Mit einer Initiative kannst Du selbst eine Änderung der Verfassung einbringen. Gelingt es dir, in 18 Monaten 100'000 stimmberechtigte Bürgerinnen und Bürger bei einer Unterschriftensammlung von Deinem Anliegen überzeugen, dann stimmt am Ende das Stimmvolk (und nicht das Parlament) über Deine Vorlage ab.
Fakultatives Referendum: Bist Du mit einer parlamentarischen Gesetzesänderung – zum Beispiel dem Abbau des Umweltschutzes – nicht einverstanden, kannst Du das fakultative Referendum ergreifen. Überzeugst Du 50'000 Stimmberechtigte in 100 Tagen von Deinem Anliegen, wird ebenfalls das Stimmvolk darüber abstimmen.
Obligatorisches Referendum: Weil in der Verfassung viele wichtige Grundrechte – beispielsweise die Meinungsfreiheit – verankert sind, findet ein obligatorisches Referendum statt, wenn immer das Parlament die Verfassung ändern will. Nur wenn die Mehrheit der Abstimmungsteilnehmenden zustimmt, wird die Änderung auch tatsächlich umgesetzt.
Bei Verfassungsänderungen muss nicht nur die Hälfte des Stimmvolks einverstanden sein, es braucht auch eine Mehrheit unter den Kantonen (wobei die Halbkantone Basel-Stadt, Basel-Landschaft, Appenzell-Ausserrhoden, Appenzell-Innerrhoden, Nidwalden, Obwalden halb gezählt werden). Man spricht hier vom sogenannten Ständemehr. Damit sollen regionale Minderheiten gestärkt werden.
In den Kantonen und Gemeinden gibt es häufig die gleichen direktdemokratischen Instrumente, wie sie auch auf Bundesebene bestehen.
Die Schweiz wird oft als direkte Demokratie bezeichnet. Genauer wäre es, von halbdirekter Demokratie zu sprechen. Denn neben der direkten Demokratie gibt es weiterhin auch Parlamente, in denen gewählte Parlamentarierinnen und Parlamentarier tätig sind.
3: Warum soll direkte Demokratie gut sein?
Während Du in der indirekten Demokratie alle vier oder fünf Jahre Politikerinnen und Politiker aus einem fixen Themen- und Positions-Strauss auswählst, kannst Du dich in der direkten Demokratie zu jedem einzelnen Thema äussern.
Von der direkten Demokratie profitierst Du auf drei Arten:
Erstens hast Du die Wahl, auch wenn es keine Politikerinnen und Politiker gibt, die ein für dich passendes Positionsbündel anbieten.
Zweitens kannst Du Gegensteuer geben, wenn Politikerinnen und Politiker sich irren und eine Politik umsetzen, die gar nicht im Interesse der Wählerinnen und Wähler ist.
Drittens nehmen es manche Politikerinnen und Politiker mit ihren Versprechungen nicht so ernst und ändern ihre Meinung – auch hier kannst Du mit den Referenden und Initiativen Gegensteuer geben.
Zahlreiche Studien zeigen, dass die Menschen in direktdemokratischen Ländern mit höherer politischer Beteiligung (Partizipation) zufriedener sind mit dem politischen System als anderswo. Der Grund: sie können die Politik aktiv mitgestalten.
4: Überfordert die direkte Demokratie die Bürgerinnen und Bürger?
Bürgerinnen und Bürger sind manchmal von der Schwierigkeit einer Abstimmung ziemlich gefordert. Entscheidend ist jedoch die Frage, ob die Bürgerinnen und Bürger im Durchschnitt bessere Entscheidungen treffen, wenn sie jeweils über ein einzelnes Thema entscheiden, als wenn sie bei der Wahl eines Politikers, einer Politikerin eigentlich über viele Themen auf einmal abstimmen.
Es gibt viele Studien, die zeigen, dass Bürgerinnen und Bürger sich oft erst dann über politische Themen informieren, wenn sie tatsächlich mitbestimmen dürfen.
Für eine funktionierende direkte bzw. halbdirekte Demokratie braucht es die richtigen Rahmenbedingungen: Es braucht Bürgerinnen und Bürger mit einer politischen Bildung und freie Medien, die neutral über die Abstimmungsthemen berichten. Und es braucht vor den Abstimmungen echte Debatten und sachlichen Meinungsaustausch.
Lerne in kleinen Schritten mit Theorieeinheiten und wende das Gelernte mit Übungssets an!
Dauer:
Teil 1
Wie gestaltest Du die Schweiz als Bürger*in mit?
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist die Schweizer Demokratie?
Die direkte Demokratie gibt den Schweizer Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, selber Einfluss auf politische Entscheidungen zu nehmen. Streng genommen ist es eine halbdirekte Demokratie, weil es ja weiterhin Politikerinnen und Politiker und Parlamente gibt. Nur haben Bürgerinnen und Bürger das letzte Wort und können Beschlüsse des Parlaments annehmen oder ablehnen.
Was ist eine Initiative?
Mit einer Initiative kannst Du selbst eine Änderung der Verfassung einbringen. Gelingt es dir, in 18 Monaten 100'000 stimmberechtigte Bürgerinnen und Bürger bei einer Unterschriftensammlung von Deinem Anliegen zu überzeugen, dann stimmt am Ende das Stimmvolk (und nicht das Parlament) über deine Vorlage ab.
Was ist das fakultative Referendum?
Bist Du mit einer parlamentarischen Gesetzesänderung nicht einverstanden, kannst Du das fakultative Referendum ergreifen. Überzeugst Du 50'000 Stimmberechtigte in 100 Tagen von Deinem Anliegen, wird ebenfalls das Stimmvolk darüber abstimmen.
Was ist das obligatorische Referendum?
Wenn immer das Parlament die Verfassung ändern will, findet ein obligatorisches Referendum statt. Nur wenn die Mehrheit der Abstimmungsteilnehmenden (und die Mehrheit der Kantone) zustimmt, wird die Änderung auch tatsächlich umgesetzt.