Soziale Mobilität: Vom Arbeiterkind zum Millionär – Geht das in der Schweiz?
Das Wichtigste in Kürze
Die soziale Mobilität gibt an, wie stark Deine zukünftige gesellschaftliche Stellung von jener Deiner Eltern abhängt. Hoch ist die soziale Mobilität, wenn Personen aus eigener Kraft oder dank Glück oder wegen beidem aufsteigen oder wegen Mangel an Leistung oder Pech oder beidem absteigen können. Und tief ist sie, wenn die soziale Herkunft alles vorbestimmt.
Die Einkommensmobilität gibt an, wie stark Dein zukünftiges Einkommen von jenem Deiner Eltern abhängt. Sie ist in der Schweiz sehr hoch, das heisst: das Einkommen der Eltern beeinflusst das Einkommen der Kinder kaum.
Die Bildungsmobilität gibt an, wie die Ausbildung Deiner Eltern Deinen Ausbildungsweg beeinflusst. Sie ist in der Schweiz eher tief. Das heisst: Akademikerkinder besuchen viel häufiger das Gymnasium und die Universität als Arbeiterkinder.
In dieser Zusammenfassung erfährst du, wie es um die gesellschaftlichen Aufstiegschancen in der Schweiz steht. Du lernst zwei verschiedene Arten der sozialen Mobilität kennen und wie der gewählte Ausbildungsweg die sozialen Aufstiegschancen beeinflusst. Und Du weisst nachher, ob es in der Schweiz echte familiäre Dynastien gibt.
1: Was ist soziale Mobilität und wie wird sie gemessen?
Die soziale Mobilität gibt an, wie stark Dein sozialer Status von Deinem Elternhaus abhängt. Sie zeigt also, wie es um die Aufstiegschancen in einer Gesellschaft bestellt ist. Eine hohe soziale Mobilität bedeutet, dass der Lebensweg der Eltern jenen ihrer Kinder nur schwach beeinflusst. Das Gegenteil ist der Fall, wenn die Eltern den sozialen Status ihrer Kinder stark prägen: Hier spricht man von tiefer sozialer Mobilität.
Dabei können verschiedene Indikatoren für den sozialen Status betrachtet werden, wie Bildung, Einkommen, Beruf oder Vermögen.
Die soziale Mobilität kann zwischen Kindern und Eltern oder sogar zwischen Kindern und (Ur-)Grosseltern gemessen werden.
2: Die Great-Gatsby-Kurve: Soziale Mobilität & Einkommensungleichheit
Amerikanische Ökonomen haben herausgefunden, dass es einen Zusammenhang zwischen der sozialen Mobilität und der Einkommensungleichheit (vgl. Lektion 8) in einem Land gibt. In Ländern mit einer tiefen Einkommensungleichheit ist die soziale Mobilität in der Regel höher. Diesen Zusammenhang nennt sich die «Great-Gatsby-Kurve», die in Abbildung 1 dargestellt wird.
Länder können mittels Umverteilung, Reformen im Bildungssystem oder gesellschaftlicher Durchmischung ihre Position auf der Great Gatsby Kurve verbessern.
3: Bildungsmobilität: Vom Arbeiterkind zum Uniabschluss
Der zweite Aspekt ist die Bildungsmobilität: Sie gibt an, wie stark Dein Bildungsweg von jenem Deiner Eltern abhängt.Wenn die Bildungsmobilität in einem Land hoch ist, dann spielt die Ausbildung Deiner Eltern keine Rolle für den Bildungsweg, den Du einschlagen wirst.
In der Schweiz ist die Bildungsmobilität vergleichsweise tief. Kinder entscheiden sich also oft für den gleichen Bildungsweg wie ihre Eltern. Zur Schweiz gibt es auch eine Studie, welche die Bildungsmobilität über viele Generationen betrachtet. Sie zeigt, dass der Einfluss der Grosseltern nur noch halb so gross ist wie jener der Eltern. Nach der vierten Generation verblasst der Einfluss. An dem Sprichwort «Die erste Generation schafft Vermögen, die zweite verwaltet Vermögen, die dritte studiert Kunstgeschichte, und die vierte verkommt.» scheint etwas Wahres dran zu sein.
4: Einkommensmobilität: Der Aufstieg zum Millionär
Die Einkommensmobilität gibt an, wie stark Dein Einkommen von dem Deiner Eltern abhängt.Die Einkommensmobilität ist in der Schweiz sehr hoch. Das heisst: das Einkommen der Eltern beeinflusst das spätere Einkommen der Kinder kaum.
Nur in den skandinavischen Staaten wie Finnland, Schweden, Norwegen und Dänemark ist die Einkommensmobilität ebenfalls so hoch wie in der Schweiz. In der Schweiz gibt es allerdings durchaus Unterschiede in der Einkommensmobilität nach Region: So ist sie beispielsweise doppelt so hoch im Kanton Genf wie im Kanton Uri. Doch auch die Kantone mit der tiefsten Einkommensmobilität bieten im internationalen Vergleich viele Aufstiegschancen.
5: Man muss nicht an die Uni gehen, um später ein hohes Einkommen zu erzielen
Die Schweiz zeichnet sich dadurch aus, dass die Einkommensmobilität trotz relativ tiefer Bildungsmobilität sehr hoch ist. Das duale Bildungssystem ermöglicht, dass Personen, die sich für eine Berufslehre entscheiden, später eine Fachhochschule oder sonstige Weiterbildungen absolvieren können. Dadurch steigt deren Einkommen, was wiederum die Einkommensmobilität erhöht. Wer eine Berufslehre mit anschliessender Fachhochschule absolviert, verdient im Durchschnitt sogar besser als Leute mit einem Universitätsstudium. Das vielfältige und durchlässige Bildungssystem und der flexible Arbeitsmarkt führen dazu, dass das Schweizer Weiterbildungsangebot gut zu den benötigten Fähigkeiten im Arbeitsmarkt passt.
Kurz: Egal, ob man sich für den gymnasialen Weg oder für eine Berufslehre entscheidet, wer bereit ist, in seine Aus- oder Weiterbildung zu investieren, und sich daran orientiert, welche Berufe in der Zukunft gefragt sind, hat in der Schweiz gute Aufstiegschancen. Und wer sich auf seinen Lorbeeren ausruht, muss damit rechnen, irgendwann gegen seinen Willen wieder abzusteigen.
Literatur
Chuard, P., & Schmiedgen-Grassi, V. (2020). Switzer-Land of opportunity: Intergenerational income mobility in the land of vocational education. Available at SSRN 3662560.
Corak, M., Curtis, L., & Phipps, S. (2016). Economic mobility. Pathways: A Magazine on Poverty, Inequality, and Social Policy.
Durlauf, S. N., Kourtellos, A., & Tan, C. M. (2022). The Great Gatsby Curve (No. w29761). National Bureau of Economic Research.
Häner, M., & Schaltegger, C. A. (2021). Fällt der Apfel weit vom Stamm?. Perspektiven der Wirtschaftspolitik, 22(2), 103-120.
Häner, M., & Schaltegger, C. A. (2022). The name says it all. Multigenerational social mobility in Basel (Switzerland), 1550–2019. Journal of Human Resources, 0621-11749R2.
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Dauer:
Teil 1
Vom Arbeiterkind zum Millionär – Geht das in der Schweiz?
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist soziale Mobilität?
Die soziale Mobilität gibt an, wie stark Dein sozialer Status von Deinem Elternhaus abhängt. Sie zeigt also, wie es um die Aufstiegschancen in einer Gesellschaft bestellt ist. Eine hohe soziale Mobilität bedeutet, dass der Lebensweg der Eltern jenen ihrer Kinder nur schwach beeinflusst.
Was ist die Bildungsmobilität?
Die Bildungsmobilität gibt an, wie stark Dein Bildungsweg von jenem Deiner Eltern abhängt. Wenn die Bildungsmobilität in einem Land hoch ist, dann spielt die Ausbildung Deiner Eltern keine Rolle für den Bildungsweg, den Du einschlagen wirst. In der Schweiz ist die Bildungsmobilität vergleichsweise tief. Kinder entscheiden sich also oft für den gleichen Bildungsweg wie ihre Eltern.
Was ist die Einkommensmobilität?
Die Einkommensmobilität gibt an, wie stark Dein Einkommen von dem Deiner Eltern abhängt. Die Einkommensmobilität ist in der Schweiz sehr hoch. Das heisst: das Einkommen der Eltern beeinflusst das spätere Einkommen der Kinder kaum.
Wie ist die Einkommensmobilität in der Schweiz?
Die Schweiz zeichnet sich dadurch aus, dass die Einkommensmobilität trotz relativ tiefer Bildungsmobilität sehr hoch ist. Das duale Bildungssystem ermöglicht, dass Personen, die sich für eine Berufslehre entscheiden, später eine Fachhochschule absolvieren können. Dadurch steigt deren Einkommen.