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Schweiz im 2. Weltkrieg

Flüchtlingspolitik vor und nach der Flüchtlingskonferenz in Evian

Flüchtlingspolitik vor und nach der Flüchtlingskonferenz in Evian

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Zusammenfassung

Flüchtlingspolitik vor und nach der Flüchtlingskonferenz in Evian


Das Wichtigste in Kürze

Die schweizerische Flüchtlingspolitik war vor und auch während des Zweiten Weltkriegs sehr zurückweisend. Allgemein war der Schweizer Bundesrat sowie der Grossteil der Bevölkerung auch antisemitisch eingestellt, weswegen Jüd*innen bei Grenzkontrollen zurückgewiesen wurden. Die wenigen aufgenommenen Flüchtlinge wurden auserdem in vielen Bereichen ausgegrenzt und Familien wurden auseinandergerissen. Dennoch setzte sich auch ein Teil der schweizerischen Bevölkerung für eine offenere und grosszügigere Flüchtlingspolitik ein. 

Wie wirkte sich das Ergebnis der internationalen Flüchtlingskonferenz in Evian (1938) auf die Schweiz aus?

Wie verhinderte das Deutsche Reich die Visumspflicht in der Schweiz?

Was bedeutet „restriktive Flüchtlingspolitik“ genau?


Diese Zusammenfassung liefert Dir die Antworten auf diese und viele weitere spannende Fragen!


Info 1: Die Schweiz als Zwischenstopp in der Zwischenkriegszeit

Zwischen dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg war die Flüchtlingspolitik restriktiv. Das bedeutete, dass die Schweiz nur eine Zwischenstation für Flüchtlinge sein wollte und keine neue Heimat. Sie begründete das mit ihrer sowieso schon hohen Arbeitslosenzahl und ihrer Angst vor einer wirtschaftlichen Last. Doch auch der weitverbreitete Antisemitismus (Judenfeindlichkeit) unter den Schweizer*innen zählte wohl zu den Gründen.


Zu dieser Zeit flohen immer mehr Menschen aus ihrer Heimat und vor den dort herrschenden faschistischen Diktaturen, wie in Italien und Deutschland. Trotzdem kamen zunächst nicht viele Menschen in die Schweiz. Vor allem jüdische Auswander*innen aus Deutschland flohen mehr nach Amerika oder in den Nahen Osten. 


1938 änderte sich das aber, als antijüdische Pogrome stattfanden, wie zum Beispiel in der „Reichskristallnacht“. Für die Menschen, die nach Ansicht Nationalsozialisten „Juden“ waren, wurde die Flucht aus Deutschland immer dringlicher – aber sie wussten nicht wohin. Auch viele andere Länder waren zu der Zeit judenfeindlich gestimmt. Deshalb hofften einige Flüchtlinge darauf, in der Schweiz bleiben zu können.



Definition Reichskristallnacht:

In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 wurden im Deutschen Reich Synagogen und weitere jüdische Einrichtungen in Brand gesetzt. In jüdischen Wohnungen und Geschäften wurde randaliert, Menschen wurden gedemütigt, misshandelt, vergewaltigt, verhaftet und sogar getötet.


Info 2: Die internationale Flüchtlingskonferenz und ihre Folgen

Im Juli 1938 fand eine internationale Flüchtlingskonferenz in Evian statt, die aber scheiterte. Die traditionellen Einwanderungsländer, wie zum Beispiel die USA, verweigerten die Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus Deutschland.


Das veranlasste den schweizerischen Bundesrat dazu, auch in der Schweiz keine Jüd*innen mehr aufzunehmen. Er liess die Grenzen sperren, errichtete Grenzkontrollen und wollte eine allgemeine Visumspflicht für alle Deutschen einführen. 


Geschichte; Schweiz im Zweiten Weltkrieg; 2. Sek / Bez / Real; Flüchtlingspolitik vor und nach der Flüchtlingskonferenz in Evian
Grenzkontrollen in der Schweiz


Das konnte das Deutsche Reich aber noch verhindern, indem es dafür sorgte, dass in allen Pässen jüdischer Menschen aus Deutschland und Österreich ein „J“ stand, für Jude oder Jüdin. So konnte die Schweiz wissen, wen sie in ihrem Land haben wollten und wen nicht. 


Die illegale Einwanderung war somit fast unmöglich. Durch die Hilfe und Zivilcourage eines schweizerischen Konsulatsangestellten in Österreich und eines Polizeihauptmanns in St. Gallen schafften es trotzdem noch einige Tausende österreichische Jüd*innen in die Schweiz.


Info 3: Weiterbestand der restriktiven Flüchtlingspolitik im Kriegsverlauf

Zum Kriegsbeginn 1939 kam dann doch noch eine Visumspflicht für alle durchreisenden Ausländer*innen und die Grenzkontrollen wurden verstärkt. Die Schweiz war spätestens ab 1941 für den Großteil der in Deutschland verfolgten Menschen das einzige Land, in dem sie vor faschistischer Verfolgung sicher waren. Das kümmerte den Bundesrat aber wenig. Er hielt daran fest, sie nicht aufzunehmen.  


Ende 1941 gab es 241 „politische Flüchtlinge“ in der Schweiz, die nach der nationalen Asylgesetzgebung das Recht auf Schutz hatten. Zu den „politischen Flüchtlingen“ zählten damals aber nicht die „Flüchtlinge aus Rassegründen“, was vor allem Jüd*innen waren. Bis 1944 gehörten die Jüd*innen zu den „Zivilflüchtlingen“, die kein Recht auf Schutz oder Aufnahme hatten.


Als 1942 die Judendeportationen begannen, wollten immer mehr Menschen in die Schweiz fliehen. Das führte zur Schliessung der Schweizer Grenze im Sommer 1942. Auch wurden Flüchtlinge ausgewiesen, die es bereits in die Schweiz geschafft hatten. Und das, obwohl der Bundesrat wusste, dass die zurückgeschickten Flüchtlinge in den Vernichtungslagern getötet werden. 


Der damalige Bundesrat Eduard von Steiger versuchte diese Entscheidung mithilfe einer Metapher zu rechtfertigen. Er verglich die Schweiz mit einem „schon stark besetzten Rettungsboot“


Daraufhin ergab sich eine öffentliche Debatte. Doch die Mehrheit der Bürger*innen stand auf der Seite des Bundesrats und unterstützte seine Entscheidungen.


Doch es gab auch private Organisationen, die mit großem persönlichen Engagement für eine großzügigere Flüchtlingspolitik kämpften. Dazu gehörte zum Beispiel Gertrud Kurz. Sie und ihre Unterstützer*innen boten den ankommenden Flüchtlingen finanzielle Hilfe und Rat an. Gertrud Kurz wurde wegen ihres enormen Einsatzes auch „Flüchtlingsmutter“ genannt.


Geschichte; Schweiz im Zweiten Weltkrieg; 2. Sek / Bez / Real; Flüchtlingspolitik vor und nach der Flüchtlingskonferenz in Evian
"Flüchtlingsmutter" Gertrud Kurz (1985)


Die öffentlichen Proteste führten dazu, dass im Sommer 1942 bei der Abweisung von Flüchtlingen Ausnahmen gemacht wurden. Alte und kranke Menschen, schwangere Frauen sowie Kinder wurden aufgenommen. Ab dem Sommer 1943 durften dann immer mehr „Zivilflüchtlinge“ einreisen, was auf die veränderte Kriegssituation, den größer werdenden Druck der Alliierten und das absehbare Kriegsende zurückzuführen war.


Vertiefung
Flüchtlingszahlen und -kategorisierung

Zahlen zu den Flüchtlingen in der Schweiz:

  • Vor Kriegsbeginn: 6.654 deutsche Jüd*innen
  • 1939-1945: Einreise von 51.000 Flüchtlingen (ohne Einreisebewilligung), darunter 20.000 mit jüdischen Wurzeln
  • 1939-1944: 14.500 abgelehnte Einreisegesuche & ca. 20.000 Zurückgewiesene an der Schweizer Grenze

Viele schafften es nicht bis zur Grenze oder versuchten aufgrund der Abschreckungsstrategie der Schweizer gar nicht erst, zu fliehen. 

Die Flüchtlinge kamen in Heime und Arbeitslager. Zu ihrem Aufenthalt in der Schweiz gehörte:

  • getrennte Unterbringung: Männer – Frauen mit Kindern
  • Verbot von bezahlter Arbeit
  • wenig Kontakt zur lokalen Bevölkerung

Die schweizerischen jüdischen Gemeinden mit nur 18.000 Mitgliedern mussten grösstenteils für die Kosten aufkommen, die die jüdischen Flüchtlinge verursachten. Die in die Schweiz ausgewanderten Menschen wurden in folgende Kategorien unterteilt:

  • Emigrant*innen: Flüchtlinge, die schon vor Kriegsbeginn in die Schweiz kamen
  • „Militärpersonen“: Angehörige fremder Armeen, entwichene Kriegsgefangene und Deserteure (völkerrechtliche Aufnahmeverpflichtung)
  • „Grenzflüchtlinge“: Bewohner der deutschen Grenzgebiete, die während der Kriegshandlungen die Grenze überquerten und sich zeitweise auf Schweizer Gebiet aufhielten
  • Durch das Rote Kreuz und andere Hilfswerke zeitweise betreute Kinder aus Kriegsgebieten – vor allem aus Belgien und Frankreich

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie ging die Schweiz mit Flüchtlingen im Zweiten Weltkrieg um?

Wie wurden Flüchtlinge in der Schweiz behandelt?

Wie stand die schweizerische Bevölkerung zur Flüchtlingspolitik?

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