Ein Bürgerkrieg, eine grosse Hungersnot und verschiedene ideologische Ansichten begleiteten die Entstehung der Sowjetunion. Marx und Engels legten die Grundsteine für die späteren Ansichten Lenins und seinem Leninismus und damit für die Grundlagen der Sowjetunion.
Wie kam es zur Gründung der Sowjetunion?
Wer war Lenin?
Was versteht man unter Marxismus?
Diese Fragen und viele mehr beantworte ich Dir in der folgenden Zusammenfassung:
Info 1: Gründung der Sowjetunion
Das Jahr 1917 war im russischen Zarenreich von Revolution Revolutionen geprägt. Diese Revolutionen mit dem Sieg der Bolschewiki und deren Machtübernahme waren der Ausgangspunkt für das Entstehen der Sowjetunion. Ich werde dir zuerst die politische Entwicklung zeigen, wie es zur Sowjetunion gekommen ist:
Vertrag von Brest-Litowsk
Russland befand sich noch immer im 1. Weltkrieg. Die russische Bevölkerung war kriegsmüde und die Wirtschaft am Ende. Lenin erkannte, dass er den Krieg beenden musste, auch um seine neue Regierung zu stabilisieren. Es gab noch immer heftige Proteste im Land. Um das zu erreichen, schloss er 1918 einen Friedensvertrag mit den Mittelmächten ab: den Vertrag von Brest-Litowsk.
Definition Mittelmächte
Unter Mittelmächte verstand man im 1. Weltkrieg das Deutsche Reich und seine Verbündeten Italien und Österreich-Ungarn.
Viele Anhänger Lenins waren mit der Unterzeichnung des Vertrags nicht einverstanden und sahen diesen als Verrat. Grund war, dass Russland zahlreiche Gebiete an das Deutsche Reich abtreten musste.
Bürgerkrieg
Weil sie unglücklich mit dem von Lenin unterschriebenen Vertrag waren, griffen viele Menschen zu den Waffen. Es kam zum Bürgerkrieg. Andere kämpften, da sie sich von Russland unabhängig machen und einen eigenen Staat gründen wollten. Der Bürgerkrieg dauerte von 1918 bis 1921. In den Bürgerkrieg mischten sich auch Alliierte ein. Sie unterstützten die Gegner der bolschewistischen Regierung, da sie ebenfalls deren Sturz wünschten.
Definition Alliierte:
Zu den Alliierten gehörten Grossbritannien, Frankreich, USA und Japan.
Bis 1920 wurde die Mehrheit der gegen die Bolschewiki kämpfenden Truppen, die auch „Weisse Armeen“ genannt wurden, besiegt.
Die Bolschewiki konnten den Bürgerkrieg gewinnen, hatten aber nicht mehr viel Unterstützung aus der Bevölkerung. Die von ihnen kontrollierten Gebiete wurden im Jahr 1922 zur Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken (UdSSR) zusammengefasst. Das war der Beginn der Sowjetunion. Mit ihr entstand auch die sowjetische Fahne. Das Rot der Flagge symbolisierte die Arbeiterbewegung und der Stern die kommunistische Partei. Der Hammer stand für die Arbeiterschaft und die Sichel für die Bauernschaft.
Versorgungskrise und Wirtschaftssysteme
Durch den Krieg und die Gebietsabtretungen wegen des Vertrages von Brest-Litowsk kam es zu einer schlimmen Versorgungskrise. Wichtige Güter fehlten. Zusammen mit dem damaligen Kriegskommunismus kam es zu einer Hungersnot.
Vertiefung
Kriegskommunismus
Unter Kriegskommunismus versteht man die Wirtschaftspolitik Russlands während des Bürgerkriegs von 1918 bis 1921. Dazu gehörte die Verstaatlichung von Grundbesitz, Industrie, Banken, die Zentralisierung der Wirtschaft, die Verpflichtung der Bauernschaft, sämtliche Ertragsüberschüsse dem Staat abzuliefern und die Durchsetzung dieser Massnahmen nötigenfalls mit Gewalt.
Hinzu kam, dass während des Kriegskommunismus die knappen Lebensmittel ungleich verteilt wurden. So erhielten vor allem die arbeitende Bevölkerung Versorgungsmittel wie Armeeangehörige oder die Arbeiterschaft. Es verhungerten in der Folge viele Menschen.
Die Wirtschaftspolitik des Kriegskommunismus konnte die Wirtschaftskrise und auch die Hungersnot nicht aufhalten. Aus diesem Grund führten die Bolschewiki eine neue Wirtschaftspolitik ein: die Neue Ökonomische Politik.
Vertiefung
Neue Ökonomische Politik
Unter der Neuen Ökonomischen Politik (NEP) versteht man die Wirtschaftsform, die den Kriegskommunismus abgelöst hatte. Die NEP war eine Mischform aus Marktwirtschaft und Planwirtschaft.
Die NEP lässt sich wie folgt charakterisieren:
Sie liess Privathandel und kleine Geschäfte zu.
Staatlichen Abgaben wurden reduziert und die Bauernschaft durfte den Überschuss ihrer Waren verkaufen.
Staat und Partei griffen weniger stark in die Wirtschaft ein.
Durch die NEP konnte die Hungersnot besiegt werden.
Eine weitere Folge war, dass sich eine Form des Kleinkapitalismus entwickelte. Ebenso entstand eine neue Schicht von Grossbauern. Man nannte diese auch "Kulaken".
In der Folge entsprach das sowjetische Wirtschaftssystem nicht mehr dem des Kommunismus. Viele Parteimitglieder sahen dies als Verrat an der russischen Revolution.
Definition Marktwirtschaft:
Ein Wirtschaftssystem, in dem die Produktion und Verteilung von Gütern vom Markt gesteuert wird.
Definition Planwirtschaft:
Ein Wirtschaftssystem, in dem die Produktion und Verteilung von Gütern zentral vom Staat gesteuert wird.
Info 2: Eine neue Gesellschaft
Der Sieg der Bolschewiki hatte nicht nur politische, sondern auch gesellschaftliche Auswirkungen. Die gesamte Gesellschaftsstruktur, wie sie zu Zeiten des Zarenreichs bestand, wurde umgebaut. Ziel war eine Modernisierung der Gesellschaft.
Umstrukturierung der Gesellschaft
Damit die Gesellschaft modernisiert werden konnte, sollte diese, wie auch jeder einzelne Mensch, umstrukturiert werden. Dazu wurden eine Reihe von Massnahmen ergriffen:
Abschaffung des Privateigentums
Einführung von Volksgerichten, in denen keine ausgebildete Jurist*innen, sondern die Bauern- und Arbeiterschaft Entscheidungen treffen sollten.
Inbesitznahme von Banken, Kirchen und Klöstern und deren Verstaatlichung
Elektrifizierung der Sowjetunion
Zugang zur Bildung für alle und Alphabetisierung der Bevölkerung
Alle diese Massnahmen zielten auf das Erschaffen einer modernen Sowjetunion ab. Die Idee der Bolschewiki von einer sozialistischen Gesellschaft wollte jedoch nicht nur eine Modernisierung des Landes erreichen, sondern auch einen "neuen Menschen" erschaffen. Dieser Mensch sollte frei, selbstlos und gebildet sein.
Damit dieses Ziel erreicht werden konnte, mussten die Zwänge der bürgerlichen Ehe überwunden werden. Dazu war vor allem eine Gleichberechtigung der Frau notwendig, die dann auch gefördert wurde. Auch homosexuelle Beziehungen wurden toleriert. Bereits im Jahr 1940 gab es in der Sowjetunion rund eine Million Hortplätze und fast die Hälfte aller Frauen war berufstätig. Im Gegensatz zu den westlichen Ländern waren Frauen in Russland bereits früh in Berufen tätig, die man im Westen als Frau nicht ausüben konnte, wie Pilotin, Strassenbahnfahrerin oder Offizierin. Dennoch verdienten sie durchschnittlich ein Drittel weniger als die Männer. Deswegen kann nicht von einer vollständigen Gleichberechtigung gesprochen werden.
Info 3: Politische Ideologien
Wenn Du genauer verstehen willst, wie es zur Sowjetunion kam, so brauchst Du eine Vorstellung, welche Ideen der Gründung zugrunde lagen. Aus diesem Grund werden Dir im Folgenden die wichtigsten beiden Ideologien im Zusammenhang mit der Gründung der Sowjetunion erklärt: Marxismus und Leninismus.
Marxismus
Beim Marxismus handelt es sich um eine Theorie, wie die Gesellschaft geordnet werden kann. Die Idee entwickelte sich im Zuge der Industrialisierung als Art Gegensystem zum Kapitalismus, da dieser viele Probleme mit sich brachte. Karl Marx und Friedrich Engels entwickelten darauf die Idee des Marxismus. Mit ihm würden diese Probleme behoben werden.
Definition Kapitalismus:
Beim Kapitalismus handelt es sich um eine Form der Wirtschaft und Gesellschaft. Ziel ist das Streben nach Gewinn und Kapitalbesitz. Grundlage bildet der freie Wettbewerb.
ZIELE DES MARXISMUS
Der Marxismus war eine Art Gegensystem zum Kapitalismus mit dem Ziel einer klassenlosen Gesellschaft. In dieser Gesellschaft gäbe es keine unterdrückende und herrschende Klasse mehr. Alle wären gleich. Aus diesem Grund verfasste Marx auch das „Manifest der Kommunistischen Partei“. Darin sah er die Geschichte als ewigenKlassenkampfzwischen Unterdrückten und Unterdrückern. Die Unterdrücker nannte er Bourgeoisie, die Unterdrückten das Proletariat.
Definition Bourgeoisie:
Darunter verstanden Marx und Engels die Klasse der Kapitalisten. Ihnen würden die Fabriken und Produktionsmittel gehören und sie würden von den abhängigen Lohnarbeiter*innen profitieren.
Definition Proletariat:
Unter Proletariat verstanden Marx und Engels die Lohnarbeiter*innen, die für die Bourgeoisie arbeiteten und von deren Lohnzahlung abhängig waren. In der industriellen Gesellschaft würden sie ausgebeutet werden.
Vertiefung
Ansichten des Marxismus
Dem Marxismus liegen folgende Ansichten und Theorien zugrunde:
Entfremdung: Durch die Industrialisierung und die damit einhergehende Arbeitsteilung würde sich der Mensch von seiner Arbeit entfremden. Der Mensch würde nur noch arbeiten, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, ohne jegliche Kreativität.
Menschenbild: Der Marxismus geht davon aus, dass es den Menschen erst besser geht, wenn materielle und soziale Verhältnisse verändert werden. Die materiellen Verhältnisse bilden die Basis. Diese Basis prägt die gesellschaftlichen Verhältnisse, die als Überbau bezeichnet werden. Zu den gesellschaftlichen Verhältnissen gehören unter anderem Religion, Politik, Kultur oder die Denkweise der Menschen.
Politische Ökonomie: Die Ansicht des Marxismus war, dass durch die Industrialisierung jeder Mensch mehr materiellen Wert schafft, als er selber verbraucht. Dieser Mehrwert wird von den Kapitalisten, den Eigentümern der Produktionsmittel, abgeschöpft. Die menschliche Arbeitskraft wird zunehmend durch Maschinen abgelöst, wodurch weniger Löhne bezahlt werden müssen. Damit die Kapitalisten dennoch Gewinn machen, müssen sie mehr produzieren.
Marx meinte, dass es dadurch zu einer Überproduktion kommen werde. Dadurch würde kleine Unternehmen zugrunde gehen, da sie nicht mit der Produktion von Grossunternehmen mithalten könnten. Es würde schliesslich nur noch wenige Grossunternehmen geben. Da diese konzentriert sind, können sie die Arbeiter noch mehr ausbeuten. Aus diesem Grund müsste sich die Arbeiterschaft organisieren und eine Revolution beginnen, damit sie nicht verelendet.
Definition Produktionsmittel:
Alle Mittel, die zur Produktion von Gütern erforderlich sind. Dazu gehören menschliche Fähigkeiten und Kenntnisse, Fabriken, Maschinen, Rohstoffe etc.
LENIN UND LENINISMUS
Wladimir Iljitsch Lenin (1870-1924) war marxistischer Theoretiker, Gründer der Bolschewiki und Begründer der Leninismus. Der Leninismus wurde ab 1924 offizielle Staatsideologie der Sowjetunion, als Lenin bereits tot war. Die Ideologie wurde nach seinem Tod auchMarxismus-Leninismusgenannt. Sie beruht auf der Ideologie des Marxismus, ist jedoch mit Lenins Theorien weiterentwickelt worden.
Wichtigstes Ziel des Leninismus ist der Aufbau des Sozialismus. Laut Lenin wäre das nur mit einer Partei möglich. Deswegen gab es auch nur eine Partei: die der Bolschewiki, deren Anführer er war und die 1918 zur Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) wurde.
Definition Sozialismus:
Für den Begriff des Sozialismus gibt es viele und teils sehr unterschiedliche Definitionen. Ich erkläre Dir hier, was Lenin unter Sozialismus verstanden hatte: Für Lenin war der Sozialismus ein Übergangsstadium zum Kommunismus. Der Sozialismus selbst stellt das Gemeinwohl vor individuelle Interessen. Lenin wollte das radikal umsetzen. Das war jedoch nur mit einer Umstrukturierung der wirtschaftlichen und sozialen Ordnung möglich. Dazu musste der Kapitalismus vollständig beseitigt werden und Eigentümer verstaatlicht werden.
UNTERSCHIED marxismus, SOZIALISMUS UND KOMMUNISMUS
Wichtig ist, dass der Marxismus nicht mit Kommunismus oder Sozialismus gleichzusetzen ist. Beim Marxismus handelt es sich um eine Theorie. Bei Sozialismus und Kommunismus um konkrete und praktisch anwendbare Staatsformen.
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Dauer:
Teil 1
Das russische Zarenreich und die Revolutionen 1905-1917
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Marx, Lenin und der Sozialismus
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Vertrag von Brest-Litowsk?
Der Vertrag von Brest-Litwosk war ein Friedensvertrag, den Lenin 1918 mit den Mittelmächten abgeschlossen hatte.
Was bedeutet Kriegskommunismus?
Unter Kriegskommunismus wird die Wirtschaftspolitik Russlands während des Bürgerkriegs von 1918 bis 1921 vertanden.
Was ist Marxismus?
Unter Marxismus versteht man eine Theorie, wie die Gesellschaft geordnet werden kann. Der Marxismus versteht sich dabei als Alternative zum Kapitalismus. Ziel ist eine klassenlose Gesellschaft.