Zahlreiche Mythen ringen sich um die Schweizer Geschichte. Vom Rütlischwur über Winkelried bis hin zu Wilhelm Tell. Noch immer erinnern zahlreiche Denkmäler und Orte an diese Geschichte, so wie die Tellsplatte in Uri oder das Winkelrieddenkmal in Nidwalden.
Welche Mythen prägen die Schweiz?
Und weshalb gibt es diese Mythen?
Diese Fragen und viele mehr beantworte ich Dir in der folgenden Zusammenfassung.
Info 1: Die Mythen der Schweiz
Rütlischwur – der Gründungsmythos
Der Rütlischwur gehört zu den Nationalmythen der Schweiz. Laut diesem Mythos wäre die Schweiz am 1. August 1291 mit einem Schwur auf dem Rütli gegründet worden. Dabei hätten Vertreter der Kantone Uri, Schwyz und Unterwalden (heute: Nidwalden) geschworen, einander beizustehen. Dieser Schwur soll den Beginn der Eidgenossenschaft eingeläutet haben.
Beim Rütlischwur mag es sich um eine schöne Geschichte handeln, doch ob es sich tatsächlich so zugetragen hat, bleibt unklar. Der Bundesbrief von 1291 existiert zwar, doch hat dieser nur wenig mit dem Rütlischwur zu tun. Auch wurde der Rütlischwur erst im 16. Jahrhundert erstmals schriftlich erwähnt. Das geschah vom Humanisten Aegidius Tschudi. Laut ihm hätte sich der Rütlischwur im Jahr 1307 zugetragen, und zwar nicht am 1. August. Der 1. August als Nationalfeiertag wurde erst später „erfunden“. Wie Du siehst, handelt es sich beim Rütlischwur um eine Legende.
Helvetia
Die Symbolfigur Helvetia wurde im 17. Jahrhundert geschaffen. Sie soll die Schweiz symbolisieren. Helvetia leitet sich vom keltischen Stamm der Helvetier ab. Bereits ab dem Mittelalter hiess es immer wieder, dass die Helvetier die Vorfahren des Schweizervolks gewesen seien. Daher wurden die Begriffe „helvetisch“ und „schweizerisch“ zunehmend identisch verwendet. Ob das Volk der Helvetier tatsächlich die Vorfahren vom heutigen Schweizervolk sind, bleibt unklar.
Fakt jedoch ist, dass in der Schweiz vor allem im 19. Jahrhundert nach einer gemeinsamen Geschichte gesucht wurde, um die eigene Nation begründen zu können. Man wollte die eigene Geschichte mit bedeutenden Personen schmücken. Da bot sich das Volk der Helvetier gut an. Insbesondere deshalb, da sich alle Sprachregionen der Schweiz mit ihnen identifizieren konnten.
Die Legende von Winkelried
Winkelried ist laut Legende ein Held, der sich bei der Schlacht bei Sempach im Jahr 1386 selbst geopfert hatte, um den restlichen eidgenössischen Kämpfern eine Lücke öffnen zu können. Sein Opfer soll der Grund dafür gewesen sein, dass der Kampf gegen die Habsburger gewonnen wurde. Kurz vor seinem Tod soll Winkelried gesagt haben „Sorget für mein Weib und Kind.“
Um eine Legende handelt es sich deshalb, da nicht bewiesen werden kann, ob es sich bei dieser Geschichte um die Wahrheit handelt. Erstmals tauchte die Geschichte im 16. Jahrhundert auf. Weiter erzählt wurde sie vor allem im 19. Jahrhundert. Damals fand eine Art Heldenverehrung statt. In Verbindung mit dieser Legende wurden vielerorts Winkelriedstiftungen gegründet. Sie sollten verletzte Wehrmänner und deren Familien unterstützen.
Wilhelm Tell
Der Legende zufolge handelte es sich bei Wilhelm Tell um einen mutigen Schweizer Freiheitskämpfer. Da Tell erkannte, dass das Volk durch den von Habsburg eingesetzten Landvogt unterdrückt wurde, weigerte er sich, dessen Regeln zu befolgen. Daraufhin befahl ihm der Landvogt, Tell solle einen Apfel vom Kopf seines Sohnes schiessen. Tell gelang der Schuss. Er wurde dennoch festgenommen. Später gelang ihm die Flucht. Tell löste einen Aufstand aus und stärkte damit das Gefühl für Unabhängigkeit und Freiheit.
Auch bei dieser Geschichte handelt es sich um einen Mythos, da bis heute nicht bewiesen werden konnte, ob jemand wie Tell tatsächlich existierte. Dennoch wurde Tell im 19. Jahrhundert zum Nationalheld der Schweiz. Noch heute zeigen zahlreiche Statuen und Denkmäler in der Schweiz, wie wichtig diese Geschichte war und ist.
Info 2: Mythen – wozu?
Nun hast Du einige Mythen der Schweiz kennengelernt. Sei es der Rütlischwur, die Geschichte von Wilhelm Tell, Helvetia oder Winkelried. Immer wieder entstanden Mythen, die weitererzählt wurden und bis heute präsent sind. Doch weshalb entstanden diese überhaupt? Und weshalb werden sie heute noch erzählt?
Im Folgenden werden Dir die zwei wichtigsten Gründe genannt, weshalb Mythen entstehen und sich verbreiten:
Nationalbewusstsein schaffen: Dieser Punkt scheint mir für die Schweiz ein sehr bedeutender Grund für die Schaffung von Mythen zu sein. Im 19. Jahrhundert entwickelten sich vielerorts Nationalstaaten. Damit sich eine Gemeinschaft als Nation identifizieren konnte, benötigte sie gemeinsame Merkmale. Bei vielen Länder war das die gemeinsame Sprache. Aufgrund der vier Landessprachen war diese Möglichkeit in der Schweiz nicht vorhanden. Ein Mythos, der unabhängig war von der Sprache, konnte daher eher ein Gefühl von Zusammengehörigkeit schaffen.
Werte vermitteln: Sehr oft wurden Mythen auch geschaffen und weiterverbreitet, um der Gesellschaft gewisse Werte zu vermitteln. Die Legende um Winkelried ist ein gutes Beispiel dafür, was man der Schweizer Bevölkerung im 19. Jahrhundert vermitteln wollte: Sie sollte ihr Vaterland so sehr lieben, dass sie sich dafür sogar opfern würde. Mit den gegründeten Winkelriedstiftungen wollte man das bestärken. Der Krieger sollte sich keine Gedanken um „Weib und Kind“ machen, da man sich um diese kümmern würde. Die Idee dahinter war, dass sich bei einem kriegerischen Konflikt die Bevölkerung wehren würde. Wäre das nämlich nicht der Fall, so wäre die Schweiz schnell geschlagen worden.
Was denkst Du? Was wollte man der Bevölkerung mit der Legende von Wilhelm Tell vermitteln?
Natürlich gibt es noch weitere Gründe, weshalb Mythen geschaffen wurden. Auch gibt es viele Gründe, weshalb man sich Mythen heute noch erzählt. Es soll auch nicht darum gehen, die Mythen auf ihren Wahrheitsgehalt zu untersuchen. Viel wichtiger ist, dass Du verstehst, weshalb Mythen entstehen und was ihre Funktion ist.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der Rütlischwur?
Beim Rütlischwur handelt es sich um einen Nationalmythos der Schweiz. Laut diesem Mythos wäre die Schweiz am 1. August 1291 mit einem Schwur auf dem Rütli gegründet worden. Dabei hätten Vertreter der Kantone Uri, Schwyz und Unterwalden (heute: Nidwalden) geschworen, einander beizustehen. Dieser Schwur hätte den Beginn der Eidgenossenschaft eingeläutet.
Was sagt die Legende von Winkelried?
Winkelried ist laut Legende ein Held, der sich bei der Schlacht bei Sempach im Jahr 1386 selbst geopfert hatte, um den restlichen eidgenössischen Kämpfern eine Lücke öffnen zu können. Sein Opfer soll der Grund dafür gewesen sein, dass der Kampf gegen die Habsburger gewonnen wurde.
Wer war Wilhelm Tell?
Der Legende zufolge handelte es sich bei Wilhelm Tell um einen mutigen Schweizer Freiheitskämpfer. Da Tell erkannte, dass das Volk durch den von Habsburg eingesetzten Landvogt unterdrückt wurde, weigerte er sich, dessen Regeln zu befolgen. Daraufhin befahl ihm der Landvogt, Tell solle einen Apfel vom Kopf seines Sohnes schießen. Tell gelang der Schuss. Er wurde dennoch festgenommen. Später gelang ihm die Flucht. Tell löste einen Aufstand aus und stärkte damit das Gefühl für Unabhängigkeit und Freiheit.