Bundesverfassung von 1874: Der Weg zur Konkordanzdemokratie
Das Wichtigste in Kürze
Seit der Bundesverfassung von 1848 verfügte die Schweiz zwar über eine kantonsübergreifende Gesetzesgrundlage. Doch es gab immer noch unterschiedliche Ansichten, wie die Schweiz politisch auszusehen hatte. Insbesondere die gegensätzlichen Ansichten von Freisinn und Katholisch-Konservativen führten zu innerstaatlichen Spannungen. Erst mit der Bundesverfassung von 1874 konnten diese Spannungen etwas gemildert werden.
Wie kam es zur Bundesverfassung von 1874?
Was ist eine Konkordanzdemokratie?
Diese Fragen werden Dir in der nachfolgenden Zusammenfassung beantwortet. Auch auf andere Fragen rund um die Bundesverfassung von 1874 findest Du hier Antwort.
Die Gründe: Ursache der Bundesverfassung von 1874
Vorgeschichte und politische Kräfte
Nachdem 1848 die Schweizerische Eidgenossenschaft gegründet wurde, gab es zwei politische Lager in der Schweiz, die stark unterschiedliche Ansichten vertraten: der Freisinn und die Katholisch-Konservativen.
Definition Freisinn:
Beim Freisinn handelte es sich um eine politische Richtung innerhalb des Liberalismus. Der Liberalismus wollte eine freiheitliche politische, wirtschaftliche und soziale Ordnung. Anhänger*innen des Freisinns haben sich im 19. Jahrhundert herausgebildet.
Der Freisinn war keine einheitliche Gruppierung. Er setzte sich zusammen aus Liberalen und Radikalen. Während die Liberalen nur einen schwachen Staat wünschten, setzten sich die Radikalen für einen starken Staat sowie die Förderung der sozialen Wohlfahrt ein. Die beiden wollten jedoch kirchliche Einflüsse ins Staatsgeschehen unterbinden.
Ihnen gegenüber standen die Katholisch-Konservativen, die ganz andere Ansichten vertraten. Sie wollten die Selbstständigkeit der Kantone aufrechterhalten und wehrten sich gegen eine mögliche Ausbreitung der Staatsgewalt. Sie pflegten eine bäuerliche und katholische Tradition.
Zunehmend kam es jedoch zu einer Annäherung innerhalb des Freisinns, der zu einer wichtigen Entwicklung beitrug.
Vertiefung
Entwicklung der politischen Lager
Im 19. Jahrhundert näherten sich die Radikalen und Liberalen einander immer mehr an. Im Jahr 1894 schlossen sie sich in der Freisinnig-Demokratischen Partei der Schweiz, der heutigen FDP, zusammen. Auch die Katholisch-Konservativen verschwanden nicht einfach. Aus ihnen wurde im Jahr 1912 die Schweizerische Konservative Volkspartei. Sie nennt sich heute die Christlich-Demokratische Volkspartei (CVP).
Die Fakten: Auf dem Weg zur Bundesverfassung von 1874
Erfolg der demokratischen Bewegung
Die politischen Ansichten von Radikalen und Liberalen näherten sich zunehmend an. Um 1870 gab es keine grossen Unterschiede mehr zwischen den beiden. Diese Entwicklung ging einher mit einem Anwachsen der demokratischen Bewegung.
Radikale und Liberale wollten die direkte Demokratie auf Bundesebene einführen. Um dies zu verwirklichen, war eine Totalrevision der Bundesverfassung möglich. Das versuchten sie.
1872 wurde ein erster Verfassungsentwurf vom Volk verworfen. Er erschien der Schweizer Bevölkerung zu zentralistisch. 1874 war der Entwurf erfolgreich. Es wurden direktdemokratische Elemente eingeführt. Mit dieser Revision kam es zugleich zu einer Annäherung zwischen Freisinn und den Katholisch-Konservativen. Schon einige Jahre später wurde der konservative Luzerner Josef Zemp zum Bundesrat gewählt. Ebenso führte diese Revision zum Beginn der Konkordanzdemokratie.
Definition Konkordanzdemokratie:
Form der Demokratie, in der möglichst viele Handelnde in den politischen Prozess einbezogen werden. Ziel ist es, eine breite Übereinstimmung für Entscheidungen zu finden.
Die Folgen: Folgen der Bundesverfassung von 1874
Die Bundesverfassung von 1874 zog einige Folgen nach sich. Im Folgenden werden Dir die zwei wichtigsten genannt:
Ausbau der Demokratie: Mit der Bundesverfassung von 1874 entwickelte sich die Schweiz von einer repräsentativen zu einer halbdirekten Demokratie.
Einführung Referendum: Mit der Einführung des Referendums konnte die stimmberechtigte Bevölkerung fortan darüber abstimmen, ob Bundesgesetze und nicht dringliche Bundesbeschlüsse angenommen oder verworfen werden sollten, wenn acht Kantone oder 30'000 Stimmen es verlangten.
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Dauer:
Teil 1
Entstehung der Eidgenossenschaft
Teil 2
Bundesstaat und Ursprungsmythen: Rütlischwur, Helvetia und Tell
Teil 3
Sonderbundskrieg und Bundesverfassung von 1848
Teil 4
Politische Entwicklung in der Schweiz zwischen 1815 und 1848
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Teil 5
Bundesverfassung von 1874: Der Weg zur Konkordanzdemokratie
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was versteht man unter Freisinn?
Beim Freisinn handelt es sich um eine politische Richtung innerhalb des Liberalismus. Der Liberalismus möchte eine freiheitliche politische, wirtschaftliche und soziale Ordnung. Anhänger des Freisinns haben sich im 19. Jahrhundert herausgebildet.
Was ist eine Konkordanzdemokratie?
Bei der Konkordanzdemokratie handelt es sich um eine Form der Demokratie, in der möglichst viele Akteure in den politischen Prozess einbezogen werden. Ziel ist es, einen breiten Konsens für Entscheidungen zu finden.
Wann wurde in der Schweiz das Referendum eingeführt?
Das Referendum wurde mit der Bundesverfassung von 1874 eingeführt. Wenn acht Kantone oder 30.000 Stimmen es verlangten, konnte fortan die stimmberechtigte Bevölkerung darüber abstimmen, ob Bundesgesetze und nicht dringliche Bundesbeschlüsse angenommen oder verworfen werden sollen.