Wie reduziere ich meinen ökologischen Fussabdruck?
Wer in einem alten Haus mit einem kaputten Dach wohnt, tut gut daran, etwas Geld in die Hand zu nehmen, um das Dach zu ersetzen oder wenigstens reparieren zu lassen, damit nicht das ganze Haus verfällt. Nur wer kein Interesse am Werterhalt des Hauses hat, weil es ohnehin bald abgerissen werden soll, wird auf die Reparatur verzichten.
Die Wissenschaft stellt fest: «Wir zerstören die Welt.» Politik und Wirtschaft: «Könnten Sie das bitte in zweideutige, ungenaue, vage, eigennützige und unklare Aussagen umformulieren, die wir alle verstehen können.»
Leider gehen wir im Moment mit unserer Gesellschaft um, als handle es sich um ein abbruchreifes Gebäude. Obwohl hinreichend viele Studien belegen, dass auch die reichen Länder nicht für die Herausforderungen des Klimawandels gerüstet sind, weigern wir uns, die erforderlichen Massnahmen umzusetzen, um der nächsten Generation eine Zukunft zu bieten. Oder in den Worten von Harald Welzer: «Der Generationenvertrag ist einseitig aufgekündigt worden.»
Wenn die Politik versagt, müssen andere Wege gesucht werden. In diesem Zusammenhang ist das Gerichtsurteil des Europäischen Gerichtshofs zugunsten der Klimaseniorinnen vielversprechend. Die Richterinnen und Richter sind zum Schluss gekommen, dass die Schweiz zu wenig für den Klimaschutz unternimmt. Es gibt Prinzipien, wie Menschenrechte, die auch in Demokratien nicht einfach ignoriert werden können.
Auch Individuen können viel zur positiven Entwicklung der Gesellschaft beitragen, da der Lebensstil einen grossen Einfluss auf den ökologischen Fussabdruck haben kann. Viele Organisationen bieten inzwischen CO2- oder Klimarechner im Netz an, mit denen der persönliche Fussabdruck berechnet werden kann. Man stellt schnell fest, dass das Fliegen nicht mit einem nachhaltigen Lebensstil kompatibel ist, genau wie der exzessive Fleischkonsum.
Grundsätzlich gilt, dass der Konsum stark mit dem ökologischen Fussabdruck korreliert ist. Wer viel konsumiert, zerstört die Welt. Wer wenig konsumiert, muss weniger Arbeiten. Wer sich von der Konsumsucht der modernen Gesellschaft befreien kann und auf Statussymbole wie Autos oder teure Ferien verzichtet, hat mehr vom Leben.
Auch das Wohnen hat einen grossen Einfluss auf den ökologischen Fussabdruck. Wie in Lektion 7 beschrieben, müssen Häuser energetisch saniert werden. Gleichzeitig darf nicht vergessen werden, dass eine zu grosse Wohnfläche grundsätzlich ein Problem darstellt, besonders in dicht besiedelten Ländern. Wer bereit ist, in eine kleinere Wohnung zu ziehen, schont das Portemonnaie und die Umwelt.
Die Berufswahl ist vielleicht der wichtigste Hebel, um etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Wir wissen, dass der Umbau des globalen Energiesystems und die Umstellung auf eine ressourcenschonende Wirtschaft mit viel Arbeit verbunden ist. Wer sich beruflich mit erneuerbaren Energien oder Umwelt auseinandersetzt, hat nicht nur eine sichere Stelle, sondern trägt täglich zur nachhaltigen Entwicklung der Gesellschaft bei.
Die politische Klimadebatte wird heute von einem grossen Widerspruch geprägt: Einerseits wird der Klimawandel als existenzielle Bedrohung der menschlichen Zivilisation dargestellt und anderseits soll er durch kostengünstige und mehrheitlich freiwillige Massnahmen gestoppt werden. Mit keinen anderen Gefahren, wie Kriminalität, Seuchen oder militärischen Bedrohungen, geht die Gesellschaft ähnlich fahrlässig um. Die Ursachen, Auswirkungen und Lösungen des Klimawandels sind seit Jahrzehnten bekannt. Das Problem ist nur, dass die Umsetzung dieser Lösungen unsere Gesellschaft fundamental verändern wird und die Bedrohung durch den Klimawandel immer noch zu wenig spürbar ist.
Um diesen Missstand zu korrigieren, genügt es nicht, wenn wir uns selbst verändern. Wir müssen auch bereit sein, unsere Mitmenschen zu beeinflussen. Es lohnt sich, mit Verwandten, Freunden, und Kollegen über den Klimawandel zu sprechen. Dafür muss man nicht selbst Klimaexperte sein, da viele Dokumentarfilme, Vorträge und Berichte in Netz verfügbar sind, die mit anderen Menschen geteilt werden können. Es gibt auch eine grosse Anzahl von Organisationen, die gute Aufklärungsarbeit leisten und auf Unterstützung angewiesen sind.
Wichtig dabei ist, die globale Dimension des Problems zu berücksichtigen. Es sind hauptsächlich die reichen Länder der Welt, die das Klimaproblem verursacht haben, und die ärmeren Länder, welche die schlimmsten Auswirkungen ertragen müssen. Dies wird zu enormen globalen Spannungen führen, wenn der globale Norden nicht bereit ist, den globalen Süden zu unterstützen.
Die Lösung der Klimakrise kann nicht delegiert werden. Wir können uns nicht darauf verlassen, dass das Problem durch andere gelöst werden wird. Wir müssen alle aktiv werden, denn «es gibt nichts Gutes, ausser man tut es» (Erich Kästner)