Um die Klimakrise abzumildern, müssen die Treibhausgasemissionen reduziert werden. Der grösste Hebel liegt dabei beim Energiesystem. Das "Energiesystem" ist die Gesamtheit von Technologien und Infrastrukturen, die Energie erzeugen, umwandeln, verteilen und nutzen. In der Schweiz stammen rund 3/4 der inländischen Treibhausgasemissionen aus dem Energiesystem, gefolgt von Landwirtschaft, industriellen Prozessen, dem Flugverkehr sowie der Abfallwirtschaft.
Die Schweiz verbrauchte in den letzten fünf Jahren durchschnittlich 225TWh pro Jahr und ist dabei zu rund 70% vom Ausland abhängig. Die meiste Energie wurde 2021 in der Schweiz in Form von Erdölbrennstoffen und Treibstoffen (43%) verbraucht, gefolgt von Elektrizität (26%) und Gas (15%). Die grössten Verbrauchergruppen dieser Energie sind zu je einem Drittel die Privathaushalte und der Verkehr, während die Industrie und die Dienstleistungen je knapp ein Fünftel ausmachen.
Die Graphik gibt eine Übersicht darüber, welche Energieträger in der Schweiz anteilsmässig eingesetzt werden. Die Graphik basiert auf Daten aus der Schweizerischen Gesamtenergiestatistik 2021 vom Bundesamt für Energie BFE. Die chemischen Energieträger Gas und Erdölprodukte werden mit dem Heizwert berücksichtigt.
Die Stromversorgung macht derzeit in der Schweiz nur rund ¼ des Energiesystems aus. Der Rest besteht grösstenteils aus fossilen Brennstoffen (Diesel, Flugtreibstoffen, Benzin, Erdölbrennstoffen, Erdgas), ergänzt durch einige erneuerbare Quellen wie z.B. Holzenergie.
Bis 2050 strebt die Schweiz unter dem Netto-Null-Ziel an keine zusätzlichen Treibhausgase in die Atmosphäre abzugeben, die nicht durch natürliche und technische Speicher aufgenommen werden können. Der Verbrauch an fossilen Energieträgern muss deshalb auf praktisch Null reduziert werden. Durch diesen Wegfall sowie den beschlossenen Ausstieg aus der Atomkraft, wird sich in der Schweiz in den kommenden Jahren die Energielandschaft wesentlich ändern.
Derzeit findet eine Elektrifizierung des Energiesystems statt. Fahrzeuge werden zunehmend batterie-elektrisch statt mit fossilen Treibstoffen betrieben, und die Häuser stellen von Öl-Heizungen auf Wärmepumpen um. Diese Elektrifizierung macht die einzelnen Prozesse zwar sehr viel effizienter (ein Elektromotor hat eine Effizienz von 64%, während ein Diesel-Motor eine Effizienz von 45% und ein Benzin-Motor nur eine Effizienz von rund 20% aufweist), allerdings wird der Strombedarf dadurch erhöht. Gesamthaft wird also weniger Energie benötigt, aber mehr Strom. Es wird erwartet, dass künftig rund 50% des Energiesystems elektrisch sein wird, die genauen Zahlen sind jedoch je nach prognostiziertem Szenarium unterschiedlich.
Um die fossilen und nuklearen Energieträger zu ersetzen und die Auslandabhängigkeit zu reduzieren, stehen inländisch erneuerbare Möglichkeiten zur Energiegewinnung zur Verfügung.
Das mit Abstand grösste ungenutzte Potential liegt dabei in der Solarenergie. Die Energieperspektiven 2050+ des Bundesamts für Energie rechnen mit rund 34 TWh Strom aus PV-Anlagen im Jahr 2050, was rund 40% der Stromerzeugung in der Schweiz ausmachen wird. Damit wird die Solarenergie von einem Nischenplayer zu einem wichtigen Pfeiler im Energiesystem. Dies bringt jedoch eine wesentliche Herausforderung mit sich: Im Sommer ist der Solarertrag viel höher als im Winter – jedoch brauchen wir aufgrund des Heizbedarfs im Winter viel mehr Strom als im Sommer.
Die Wasserkraft hat in der Schweiz ein grosses Potential, allerdings ist dieses grösstenteils bereits ausgeschöpft.
Die Windkraft bietet noch ein zusätzliches ungenutztes Potential, das das der Solarenergie ideal ergänzt. Windkraft produziert im Winter am meisten Strom, während die Solarenergie speziell im Sommer ein hohes Potential aufweist.
Das Stromnetz ist nur stabil, wenn gleichzeitig gleich viel Strom eingespeist wie verbraucht wird. Durch die verstärkte zeitliche Verschiebung von Produktion und Verbrauch werden Speichersysteme im zukünftigen Energiesystem immer wichtiger. Zu den Speichersystemen gehören Batterien, welche kurzfristige Schwankungen aufnehmen und zum Beispiel einen Tag-Nacht-Ausgleich schaffen können. Wenn die Kapazität der Batterien und der Pumpspeicherkraftwerke mit Solarstrom gedeckt ist, besteht die Möglichkeit, den überschüssigen Strom mittels Elektrolyse in Wasserstoff umzuwandeln und diesen als Energieträger für die Kraftstoffproduktion oder zur saisonalen Energiespeicherung einzusetzen.
Heute ist das Energiesystem sehr einfach: es existiert eine Infrastruktur für fossile Energieträger, Erdgas sowie Strom, und diese drei Systeme sind grösstenteils getrennt. Mit der Energiewende werden diese Energiesysteme zunehmend vernetzt – es findet die sogenannte Sektorenkopplung statt. Strom wird auch für die Mobilität verwendet, und mit Strom werden auch flüssige und gasförmige Energieträger produziert, welche wiederum in der Industrie oder zur Wärmeproduktion eingesetzt werden. Die Sektoren Strom, Gas, Wärme und Mobilität sind nicht mehr unabhängig voneinander, sie werden verknüpft. Dies bietet dem Energiesystem mehr Flexibilität, macht dieses gleichzeitig aber komplexer.
Quellen:
Europäisches Parlament, https://www.europarl.europa.eu/news/de/headlines/society/20180301STO98928/treibhausgasemissionen-nach-landern-und-sektoren-infografik
https://www.eda.admin.ch/aboutswitzerland/de/home/wirtschaft/energie/energie---fakten-und-zahlen.html
Bildquelle: Nadia Sperr und Jürg Rohrer, ZHAW, https://doi.org/10.21256/zhaw-3325
https://www.tuev-nord.de/de/privatkunden/verkehr/auto-motorrad-caravan/elektromobilitaet/wirkungsgrad/
Durch die Reduktion der Treibhausgase.
In der Form von Erdölbrennstoffen und Treibstoffen, gefolgt von Elektrizität.
Solarenergie, Wasserkraft, Windkraft.
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