Der Staat baut Strassen, betreibt Schulen und kümmert sich um die Sicherheit im Land. Um diese und weitere Ausgaben zu finanzieren, kann der Staat entweder Steuern erheben oder sich auf dem Kapitalmarkt verschulden. In dieser Lektion lernst du die Steuerfinanzierung näher kennen. Steuern sind verpflichtende Abgaben von Privatpersonen und Unternehmen an den Staat ohne unmittelbare Gegenleistung. Das heisst, du erhältst für die entrichteten Steuern keine spezifischen Güter oder Dienstleistungen im Gegenzug. Stattdessen dienen die Zahlungen aller Steuerzahler dazu, die Staatsausgaben insgesamt zu finanzieren.
In dieser Lektion erfährst du alles über die unterschiedlichen Arten von Steuern. Erstens können Steuern auf die Einkommensentstehung erhoben werden. Dazu gehören die Besteuerung des Einkommens von Programmiererin Anna oder des Gewinns der Malerfirma Wyss. Zweitens lässt sich der Vermögensbestand besteuern – dazu zählt sowohl Annas Privatvermögen als auch das Kapital der Malerfirma Wyss. Drittens lassen sich Steuern auf die Einkommensverwendung erheben: Wenn Anna oder die Malerfirma Wyss Acrylfarbe kaufen, müssen sie eine Konsumsteuer (Mehrwertsteuer) entrichten.
Steuern füllen aber nicht nur die Staatskasse, sie beeinflussen auch die Entscheidungen von Privatpersonen und Unternehmen. Dadurch wird der vorteilhafte Tausch zwischen Anbietern und Nachfragern reduziert, was zu einem Wohlfahrtsverlust führt.
Bei der Ausgestaltung eines Steuersystems ist nebst dem Effekt auf die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt auch die Verteilung der Steuerlast auf die Einkommensgruppen relevant. Das Leistungsfähigkeitsprinzip besagt, dass Anna als gutverdienende Programmiererin einen höheren Steuerbeitrag leisten soll als Robert, der als Postbote weniger verdient. Allerdings liefert das Leistungsfähigkeitsprinzip keine Antwort darauf, wie viel mehr Anna im Vergleich zu Robert zahlen sollte.
Steuern in Aktion – Wie der Staat seine Kasse füllt
Die Staatsfinanzen setzen sich aus den staatlichen Ausgaben und den staatlichen Einnahmen zusammen. Sie lassen sich mit der Haushaltskasse eines Privathaushalts vergleichen.
Ähnlich wie Herr und Frau Müller mit ihren Löhnen den Strandurlaub in Spanien bezahlen, muss auch der Staat seine Ausgaben mit eigenen Mitteln finanzieren.
Der Staat kann seine Ausgaben auf zwei Arten finanzieren: indem er Steuern erhebt oder sich auf dem Kapitalmarkt verschuldet. Während die Verschuldung in Lektion 9 vertieft wird, konzentriert sich diese Lektion darauf, wie Staatsausgaben durch Steuern finanziert werden.
Steuern sind voraussetzungslos geschuldete Zwangsabgaben an den Staat. Damit ist gemeint, dass du als Steuerzahler für deine Steuern im Gegenzug keinen Anspruch auf bestimmte Güter oder Dienstleistungen erhältst. Stattdessen dienen die Steuerzahlungen aller Steuerzahler dazu, die Staatsausgaben insgesamt zu finanzieren.
Steuern unterscheiden sich also von Gebühren, die ebenfalls der Finanzierung der Staatsaufgaben dienen. Im Gegensatz zu den Steuern werden Gebühren aber bei der Inanspruchnahme einer bestimmten Leistung erhoben. So fallen beispielsweise die Abfallentsorgungsgebühren spezifisch als Gegenleistung zur Abfallentsorgung an.
Ein Einblick in die Arten der Besteuerung
Zu den Steuerzahlern gehören sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen. Und worauf müssen sie Steuern zahlen? Die Liste ist lang: auf ihr Einkommen, das gekaufte Brot, das Ersparte, die Immobilie, das Firmenkapital und vieles mehr. Um den Überblick zu behalten, hilft eine systematische Kategorisierung der Steuerarten.
Die verschiedenen Steuerarten lassen sich entlang des Wirtschaftskreislaufes aufzeigen – von der Einkommensentstehung bis zur Einkommensverwendung. Typischerweise werden deshalb drei Arten der Besteuerung unterschieden.
Zu den Steuern der Einkommensentstehung zählen die Einkommensteuern von privaten Haushalten und die Gewinnsteuern der Unternehmen.
Zu den Steuern auf den Vermögensbestand gehören die Vermögensteuern der privaten Haushalte und die Kapitalsteuern der Unternehmen.
Schliesslich lässt sich die Besteuerung auch bei der Einkommensverwendung ansetzen. Ein Beispiel hierfür ist die Konsumsteuer (zum Beispiel Mehrwertsteuer in der Schweiz), die Anna und die Malerfirma Wyss beim Kauf von Acrylfarbe entrichten müssen.
Kosten der Besteuerung und die Rolle der Elastizität
Steuern beeinflussen die Entscheidungen von Privatpersonen und Unternehmen.
So hat eine drastische Erhöhung der Einkommensteuer zur Folge, dass Programmiererin Anna entscheidet, ihr Pensum zu reduzieren, um weniger Steuern zu bezahlen.
Die Einführung von Steuern erhöht also die Preise, womit die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt sinkt. Dies lässt sich am Beispiel der Einführung einer Konsumsteuer auf Schreibtische Schritt-für-Schritt darstellen.
Vor der Einführung einer Steuer fragen die Konsumenten im Gleichgewicht e1 die Menge q1 zum Preis p1 nach. Durch die Steuer erhöht sich der Schreibtischpreis von p1 auf pSteuer. Dadurch sinkt die nachgefragte Menge von q1 auf qSteuer. Insgesamt wird also eine kleinere Menge zu einem höheren Preis nachgefragt. Es resultiert ein Wohlfahrtsverlust in der Fläche des roten Dreiecks.
Die Höhe des Wohlfahrtsverlustes hängt davon ab, wie stark das Angebot und die Nachfrage auf die Preisveränderung reagieren. Die Stärke der Reaktion auf Preisanpassungen wird als Elastizität bezeichnet.
Man spricht von unelastischer Nachfrage, wenn die Konsumenten kaum auf Preisveränderungen reagieren. Das lässt sich grafisch anhand einer steilen Nachfragekurve illustrieren: Bei einer Preiserhöhung geht die Gleichgewichtsmenge kaum zurück. Der vorteilhafte Tausch wird kaum beeinträchtigt, wodurch nur ein kleiner Wohlfahrtsverlust entsteht. Zu den Gütern mit unelastischer Nachfrage gehören Grundnahrungsmittel wie Brot oder Reis. Selbst bei stark steigenden Preisen neigen die Konsumenten dazu, weiterhin ähnlich viel davon zu kaufen, da die Grundnahrungsmittel wesentlich für ihre Ernährung sind.
Im Gegensatz dazu spricht man von elastischer Nachfrage, wenn die Konsumenten stark auf Preisveränderungen reagieren. Das lässt sich grafisch anhand einer flachen Nachfragekurve illustrieren: Bei einer Preiserhöhung geht die Gleichgewichtsmenge stark zurück. Der vorteilhafte Tausch wird stark reduziert, wodurch ein grosser Wohlfahrtsverlust entsteht. Beispiele für Güter mit elastischer Nachfrage sind Luxusartikel wie Schmuck. Bei steigenden Preisen können die Kunden ihre Ausgaben für Schmuck reduzieren oder auf günstigere Marken umsteigen.
Dasselbe gilt auch für die Elastizität des Angebots, welche die Reaktionsstärke der Produzenten widerspiegelt.
Daraus folgt mit Blick auf den Wohlfahrtsverlust, dass Steuern dort angesetzt werden sollten, wo Angebot und Nachfrage sehr unelastisch sind und kaum reagieren können. So kann der Wohlfahrtsverlust möglichst gering gehalten werden.
Letztlich bestimmt die Elastizität beider Marktseiten, also von Produzenten und von Konsumenten, wer die Steuerlast trägt.
Raucher haben eine sehr unelastische Nachfrage. Sie kaufen zwei «Päckli» pro Tag – unabhängig davon, ob ein Päckli acht oder zehn Franken kostet. Die Zigarettenproduzenten können daher einen Grossteil der Zigarettensteuer auf die Raucher überwälzen, ohne dass diese deutlich weniger Zigaretten nachfragen.
Anders verhält es sich, wenn eine Steuer auf Kinokarten eingeführt wird. Die Nachfrage nach Kinobesuchen ist elastisch, weil auch auf alternative Freizeitaktivitäten wie ein Schwimmbad-, Konzert-, oder Theaterbesuch ausgewichen werden kann. Deshalb sieht sich der Kinobetreiber gezwungen, einen Teil der Steuerlast zu übernehmen. Er wird die Preise nicht zu stark erhöhen, um die Besucherzahlen aufrechtzuerhalten.
Es spielt also keine Rolle, auf welcher Marktseite die Steuer erhoben wird. Die Hauptlast der Steuer trägt die Seite mit der geringeren Elastizität, da sie Preisveränderungen weniger gut ausweichen kann. Die Steuer wird von der elastischeren auf die unelastischere Marktseite überwälzt.
Die Verteilung der Steuerlast auf die Einkommensgruppen
Bei der Ausgestaltung eines Steuersystems ist nicht nur die Elastizität beider Marktseiten relevant, sondern auch die Verteilung der Steuerlast auf die verschiedenen Einkommensgruppen.
Die Verteilung der Steuerlast auf die verschiedenen Einkommensgruppen orientiert sich am Leistungsfähigkeitsprinzip. Dieses besagt, dass jede Person entsprechend ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit besteuert werden sollte. Das heisst: kann sie mehr leisten, soll sie auch mehr Steuern bezahlen.
In der Gesellschaft wird die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zumeist anhand des Einkommens bestimmt. Daraus folgt, dass Personen mit höherer finanzieller Leistungsfähigkeit – sprich: höherem Einkommen – einen grösseren Anteil ihres Einkommens an Steuern zahlen müssen als diejenigen mit geringerem Einkommen.
Allerdings macht das Leistungsfähigkeitsprinzip keine konkreten Vorgaben darüber, wie viel mehr Personen mit höherer finanzieller Leistungsfähigkeit zum Steueraufkommen beitragen sollten.
Du siehst: Eine Steuer füllt nicht nur die Staatskasse, sondern bestimmt auch das Arbeits- und Konsumverhalten der Steuerzahler. Damit wirkt sie sich auch auf die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt aus und wirft Fragen nach der Verteilung der Steuerlast auf die verschiedenen Einkommensgruppen auf.
Quellenverzeichnis:
Brunetti, A. (2023). Volkswirtschaftslehre. Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung. 15. Auflage 2023. hep Verlag AG, Bern.
Eisenhut, P. und Sturm, J.E. (2023). Aktuelle Volkswirtschaftslehre - Ausgabe 2022/2023. Somedia Production AG. Somedia Buchverlag, Ennenda 2022. Edition Rüegger
Homburg, S. (2015). Allgemeine Steuerlehre. Vahlen, 7. überarbeitete Auflage, München.
Glossar:
Elastizität: Wie stark Angebot und Nachfrage auf eine Preisänderung reagieren.
Leistungsfähigkeitsprinzip: Besagt, dass jede Person nach ihrer Fähigkeit, Steuer zahlen zu können, besteuert werden sollte.
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Übungen
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Dauer:
Teil 1
Steuern – Einnahmequelle für die Staatskasse
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist das Leistungsfähigkeitsprinzip?
Es besagt, dass jede Person nach ihrer Fähigkeit, Steuer zahlen zu können, besteuert werden sollte.
Was ist eine unelastische Nachfrage?
Bei einer unelastischen Nachfrage reagieren Konsumenten kaum auf Preisveränderungen.
Was ist eine elastische Nachfrage?
Bei einer elastischen Nachfrage reagieren Konsumenten stark auf Preisveränderungen.