Geldpolitik, Inflation und Wechselkurse – die Stabilität des Geldes
Das Wichtigste in Kürze
Geld ist ein Zahlungsmittel, das zugleich der Wertaufbewahrung dient. Es ermöglicht dir, frei zu entscheiden, ob du ein Gut heute, morgen oder in ferner Zukunft kaufst. Diese zentrale Geldfunktion ist gefährdet, wenn die Preisstabilität nicht gewährleistet ist. Steigen die Preise, kannst du mit einer bestimmten Geldsumme weniger Güter kaufen. Das Geld verliert an Wert. Stell dir vor, ein Stück von Gustavs Spezialtorte kostet heute fünf Franken. Im nächsten Monat steigt der Preis um 50 Rappen, das gleiche Stück kostet nun fünf Franken und 50 Rappen. Betrifft dieser Preisanstieg nicht nur Gustavs Torten, sondern eine Vielzahl der gehandelten Güter, herrscht Inflation.
Doch wie entsteht Inflation eigentlich? Die Quantitätsgleichung des Geldes liefert die Antwort auf diese Frage. Sie beschreibt den Zusammenhang zwischen der Geldmenge und dem Preisniveau. Steigt bei konstanter Geldumlaufgeschwindigkeit die Geldmenge stärker als die produzierte Gütermenge, kann dies zu einem Anstieg des Preisniveaus führen – es kommt zur Inflation. Inflation ist für eine Volkswirtschaft ein äusserst kostspieliges Unterfangen. Deshalb strebt die Zentralbank durch die Steuerung der Geldmenge Preisstabilität an. Mit der Steuerung der Geldmenge hat die Zentralbank auch direkten Einfluss auf die Höhe der Wechselkurse. Nimmt die Geldmenge im Inland bei unveränderter Geldmenge im Ausland zu, verliert die einheimische Währung an Wert gegenüber der ausländischen. Der Wechselkurs steigt. Du musst mehr Franken tauschen, um die gleiche Menge Euros zu erhalten.
In dieser Lektion lernst du, wie das Preisniveau durch geldpolitische Massnahmen beeinflusst wird. Du erfährst, dass die Zentralbank aufgrund der beträchtlichen Kosten der Inflation Preisstabilität anstrebt. Abschliessend wirst du sehen, warum der Wechselkurs auch deine Ferien im Ausland tangiert.
Das Gespenst der Inflation: Steigende Preise und der Wertverlust des Geldes
Die Inflation – das Schreckgespenst der Wirtschaft – hast du bereits in Lektion 6 im Zusammenhang mit der Geldschöpfung durch die Zentralbank kennengelernt.
Inflation bezeichnet einen allgemeinen Anstieg des Preisniveaus von Gütern und Dienstleistungen. Sie gefährdet eine der wichtigen Funktionen von Geld: die der Wertaufbewahrung. Steigen alle Güterpreise, so ist eine Zehnernote in Zukunft weniger wert als heute. Das Geld verliert an Kaufkraft.
Die Inflation hängt eng mit der Veränderung der Geldmenge zusammen. Die Quantitätsgleichung bietet eine gute Annäherung, um diesen Zusammenhang zu beschreiben: Das Produkt aus Preisniveau P und produzierter Gütermenge Q ist gleich dem Produkt aus Geldmenge M und Geldumlaufgeschwindigkeit V.
Dabei beschreibt die Geldumlaufgeschwindigkeit V, wie oft eine einzelne Geldeinheit, z.B. eine Zehnernote, jährlich für Zahlungen verwendet wird. In der Regel wird angenommen, dass die Geldumlaufgeschwindigkeit V konstant ist, weil sich die Zahlungsgewohnheiten der Menschen unter Normalbedingungen nicht stark ändern – im Schnitt brauchen wir eine Zehnernote im Verlauf eines Jahres stets gleich oft.
Mithilfe der Quantitätsgleichung lässt sich auch analysieren, wie sich die Veränderung einer der Grössen auf die anderen Grössen auswirkt.
Steigt beispielsweise die Geldmenge M stärker als die produzierte Gütermenge Q (bei konstanter Geldumlaufgeschwindigkeit V), steigt das Preisniveau P.
P⋅Q=M⋅V
P: Preisniveau (Durchschnittspreis der Güter und Dienstleistungen) Q: Produzierte Gütermenge (reales Bruttoinlandprodukt (BIP)) M: Geldmenge V: Geldumlaufgeschwindigkeit (wie oft das Geld pro Jahr den Besitzer wechselt)
Sichern der Preisstabilität: Die machtvolle Regie der Zentralbank
Inflation entsteht also, wenn bei konstanter Geldumlaufgeschwindigkeit die Geldmenge M stärker wächst als die produzierte Gütermenge Q.
Aber wie genau funktioniert dieser Mechanismus?
Bei Ausweitung der Geldmenge sinkt der Preis des Geldes, und die Zinsen fallen. Es wird günstiger, Geld auszuleihen und damit Güter zu kaufen. Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage wird angekurbelt, die Leute konsumieren mehr, die Wirtschaft boomt.
Dies führt dazu, dass mehr Güter nachgefragt werden, als bei Normalauslastung produziert werden können (Nachfrageüberschuss). Trotz zahlreichen Überstunden können Gustavs Arbeitskräfte nicht mehr alle nachgefragten Spezialtorten herstellen. Die Preise für Maschinen, Arbeitskräfte und Rohstoffe ziehen an. Und dasselbe gilt für andere Branchen und Industrien. Es droht Inflation.
Um Inflation zu verhindern, strebt die Zentralbank ein Gleichgewicht zwischen der Geldmengenentwicklung und dem Wachstum der produzierten Gütermenge (reales BIP) an. Die Geldmenge sollte stets im Einklang mit der produzierten Gütermenge wachsen. Zur Gewährleistung von Preisstabilität muss die Zentralbank deshalb vorausschauend die wirtschaftlichen Entwicklungen abschätzen.
Der unsichtbare Raub – Kosten der Inflation
Inflation ist für Privatpersonen und Unternehmen folgenschwer.
Gustavs Geld auf seinem Sparkonto hat aufgrund der Inflation drastisch an Wert verloren. Um den weiteren Wertverlust seiner Ersparnisse zu verhindern, bleibt Gustav nur noch die Flucht in physische Güter wie Gold oder Immobilien. Geld verliert seine Funktion als Wertaufbewahrungsmittel.
Aber auch als Unternehmer macht ihm die Inflation zu schaffen. Er kann sich keine neuen Öfen mehr leisten. Auch das teurere Mehl, die steigende Miete und die höheren Personalkosten setzen ihm zu. Er muss seine Verkaufspreise anheben. Dadurch können sich seine Stammkunden die Torten nicht mehr leisten. Ihre Kaufkraft schmilzt dahin, weil sie sich mit ihrem Geld weniger Güter leisten können.
Eine hohe Inflation geht folglich mit erheblichen Kosten für eine Volkswirtschaft einher. Das Geld verliert seine Funktion als Wertaufbewahrungsmittel, und die Kaufkraft der Leute schwindet. Deshalb strebt die Zentralbank mittels der Geldmengensteuerung langfristige Preisstabilität an.
Damit dies gelingt, ist entscheidend, dass die Zentralbank politisch unabhängig ist. Für einen Finanzminister könnte es verlockend sein, erhöhte Staatsausgaben einfach durch neu gedrucktes Geld zu finanzieren. Eine unabhängige Zentralbank stellt hingegen eine Steuerung der Geldmenge dergestalt sicher, dass die Preisstabilität unter Berücksichtigung der Gütermengenentwicklung gewährleistet ist. Die Zentralbank sollte stets eine Geldpolitik verfolgen, die dem Gesamtinteresse eines Landes dient und nicht nur einzelnen Wirtschaftszweigen.
Die Währungssymphonie – Geldpolitik und Wechselkurse im Einklang
Die Ausweitung der Geldmenge wirkt sich allerdings nicht nur auf das Preisniveau, sondern auch auf die Entwicklung des Wechselkurses aus. Der Wechselkurs gibt an, wie viele Einheiten der inländischen Währung (z.B. Schweizer Franken) du tauschen musst, um eine Einheit der ausländischen Währung (z.B. Euro) zu erhalten. Musst du 95 Rappen bezahlen, um einen Euro zu erhalten, liegt der Wechselkurs bei 0.95 CHF/EUR.
Der Wechselkurs wird massgeblich durch die Geldpolitik beeinflusst: Eine Ausweitung oder Reduktion der Geldmenge durch die Schweizer Nationalbank verändert (bei unveränderter europäischer Geldpolitik) die relative Anzahl an Franken im Vergleich zum Euro.
Bei der Erhöhung der Geldmenge des Frankens wird der Franken relativ zum Euro weniger knapp und verliert an Wert. Diese Schwächung des Frankens ist vorteilhaft für Exporte, da Schweizer Waren für den Euroraum günstiger werden.
Gleichzeitig reduzieren sich die Importe, weil ausländische Waren für Schweizer teurer werden.
Dies führt zu einem Anstieg der Nettoexporte (Exporte–Importe). Die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nach in der Schweiz produzierten Güter steigt.
Anderseits wird es für die Schweizer teurer, im Ausland Ferien zu machen oder zu investieren. Wertet sich der Franken gegenüber dem Euro ab, wird die Pizza Prosciutto im Sommerurlaub in Neapel für dich teurer.
Umgekehrt kann die Zentralbank durch eine Reduktion der inländischen Geldmenge den Franken verknappen. Er gewinnt gegenüber dem Euro an Wert.
Für die Schweizer Firmen wird es schwieriger, ihre Waren ins Ausland zu exportieren, weil die Waren für den Euroraum teurer wurden.
Gleichzeitig werden aus dem Euroraum importierte Rohstoffe günstiger, was die Produktionskosten der Schweizer Firmen senkt.
Ein «starker» Franken macht es für Schweizer günstiger, im Ausland Ferien zu machen oder Investitionen zu tätigen. Wertet sich der Franken gegenüber dem Euro auf, wird die Pizza Prosciutto im Sommerurlaub in Neapel für dich als Schweizer billiger.
Quellenverzeichnis:
Brunetti, A. (2023). Volkswirtschaftslehre. Lehrmittel für die Sekundarstufe II und die Weiterbildung. 15. Auflage 2023. hep Verlag AG, Bern.
Eisenhut, P. und Sturm, J.E. (2023). Aktuelle Volkswirtschaftslehre - Ausgabe 2022/2023. Somedia Production AG. Somedia Buchverlag, Ennenda 2022. Edition Rüegger.
Schweizerische Nationalbank (2023). Die geldpolitische Strategie der SNB., URL: https://www.snb.ch/de/the-snb/mandates-goals/monetary-policy/strategy, [Stand: 19.Dezember 2023].
Glossar:
Geldumlaufgeschwindigkeit: Gibt an, wie oft eine Geldeinheit pro Jahr den Besitzer wechselt.
Wechselkurs: Gibt das Verhältnis zwischen der inländischen Währung und einer ausländischen Währung an.
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Dauer:
Teil 1
Geldpolitik, Inflation und Wechselkurse – die Stabilität des Geldes
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist die Geldumlaufgeschwindigkeit?
Sie gibt an, wie oft eine Geldeinheit pro Jahr den Besitzer wechselt.
Wie wird der Wechselkurs berechnet?
Teile die einheimische Währung durch die ausländische Währung.
Was ist eine Inflation?
Inflation bezeichnet einen allgemeinen Anstieg des Preisniveaus von Gütern und Dienstleistungen. Sie entsteht also, wenn bei konstanter Geldumlaufgeschwindigkeit die Geldmenge stärker wächst als die produzierte Gütermenge.