Werden Wasserstoffatome im Benzolmolekül gegen andere Atome oder Atomgruppen ausgetauscht, beziehungsweise substituiert, so lässt sich eine Vielzahl weiterer aromatischer Verbindungen herstellen, die als Derivatedes Benzols bezeichnet werden.
Aromatische Verbindungen
Benzol und substituierte Benzole
heterocyclische aromatische Verbindungen
polycyclische aromatische Verbindungen
Phenol Anilin Benzoesäure
Pyridin Furan Indol
Benzo(a)anthracen Naphtalin
Phenol
Wird ein Wasserstoffatom des Benzolmoleküls durch eine Hydroxygruppe –OH ersetzt, erhält man Hydroxybenzol C6H5–OH, auch Phenol genannt. Der aromatische Phenylrest –C6H5 ist unpolar, die Hydroxygruppe –OH dagegen polar. Phenol ist bei Raumtemperatur fest und kristallin. An der Luft färben sich die weissen Nadeln durch Oxidation rötlich. Es ist giftig, hat einen durchdringenden Geruch und wirkt auf die Haut ätzend. Phenol ist sehr reaktionsfreudig. In der Industrie wird es als wichtige Grundchemikalie genutzt. So ist es beispielsweise Ausgangsstoff für die Aspirinherstellung.
Acidität von Phenol
Obwohl das Phenolmolekül die gleiche funktionelle Gruppe im Molekül enthält wie die Alkanole, unterscheidet es sich in seinen Eigenschaften. Eine wässrige Lösung von Phenol reagiert schwach sauer. Alkanole wie zum Beispiel Ethanol zeigen keine saure Reaktion. Phenolmoleküle können an Wassermoleküle Protonen abgeben, wodurch H3O+-Ionen und PhenolatIonen gebildet werden. Das Phenolmolekül fungiert also als Protonendonator (Säure), das Wassermolekül als Protonenakzeptor (Base).
Mesomeriestabilisierung
Ursache für die saure Reaktion des Phenolmoleküls ist die Wechselwirkung der Hydroxygruppe mit dem π-Elektronensystem des aromatischen Rings. Dadurch wird die Bindung in der Hydroxygruppe stärker polarisiert und das Proton kann leichter abgegeben werden. Eine weitere Ursache für die saure Reaktion liegt in der Stabilität des Phenolat-Ions, denn die negative Ladung ist nicht ausschliesslich am Sauerstoffatom lokalisiert, sondern über den gesamten aromatischen Ring verteilt:
Mesomerer Effekt
Der mesomere Effekt beschreibt eine Wirkung von funktionellen Gruppen in chemischen Verbindungen. Er wirkt durch konjugierte Systeme, wie in Falle der freien Elektronenpaare der Hydroxygruppe des Phenols, welche mit dem aromatischen Ring wechselwirken. In diesem Fall bewirkt der sogenannte +M-Effekt eine Erhöhung der Elektronendichte am aromatischen Ring.
Es gibt jedoch auf den umgekehrten Fall, wobei Elektronendichte dem aromatischen System entzogen wird, der sogenannte −M-Effekt. Ein Beispiel hierfür ist die Nitrogruppe −NO2. Ein mit einer Nitrogruppe substituiertes Phenolmolekül reagiert stärker sauer als ein unsubstituiertes Phenolmolekül. Die Polarität der −OH-Bindung wird noch stärker polarisiert, was die Acidität des Sauerstoffs, also die Fähigkeit Protonen abzugeben, noch weiter erhöht.
Substituenten mit +M-Effekt
−I
−Br
−Cl
−OH
−NH2
Stärke des +M-Effekts nimmt zu ⇒
Substituenten mit −M-Effekt
−CHO
−COOH
−CN
−NO2
−SO3H
Stärke des −M-Effekts nimmt zu ⇒
Induktiver Effekt
Der induktive Effekt, oder I-Effekt, ist in der organischen Chemie ein ladungsverändernder Effekt, der sowohl als +I-Effekt (elektronenschiebend) als auch −I-Effekt (elektronenziehend) auftritt. Dieser spielt in aromatischen Systemen auch eine Rolle, ist in der Regel jedoch den mesomeren Effekten untergeordnet.
Substituenten mit +I-Effekt
−CH3
−CH2CH3
−CH(CH3)2
−SiH3
−Metalle
Stärke des +I-Effekts nimmt zu ⇒
Substituenten mit −I-Effekt
−NO2
−I
−Br
−Cl
−F
Stärke des −I-Effekts nimmt zu ⇒
Anilin
Wird ein Wasserstoffatom des Benzolmoleküls durch eine Aminogruppe –NH2 ersetzt, erhält man das Anilin, ein wichtiges aromatisches Amin. Anilin ist eine ölige, farblose, unangenehm riechende Flüssigkeit, die sich an der Luft schnell braun verfärbt. Es ist stark toxisch und wird leicht über die Haut aufgenommen. Eine wässrige Lösung von Anilin zeigt eine geringe basische Reaktion. Die Amingruppe des Anilins kann protoniert werden, weshalb es basisch reagiert. Sie wirken als Protonenakzeptoren (Basen), weil in der Aminogruppe ein freies Elektronenpaar vorliegt. Wie die Hydroxygruppe weist die Aminogruppe einen + M-Effekt auf. Die Elektronendichte ist im π-Elektronensystem des Rings erhöht, weil das freie Elektronenpaar des N-Atoms in die Mesomerie des Rings einbezogen ist, weshalb Anilin im Vergleich zu Ammoniak eine relativ schwache Base ist.
Oxidation von Toluol
Toluol (Methylbenzol) lässt sich stufenweise über Benzylalkohol und Benzaldehyd zu Benzoesäure oxidieren. Diese Oxidationsprodukte sind wasserlöslich und viel weniger toxisch als das Benzol, da sie vom Organismus ausgeschieden werden können. Deshalb sind zum Beispiel Benzoesäure und ihre Salze, die Benzoate, als Konservierungsstoffe in Nahrungsmitteln zugelassen, jedoch ist der Einsatz aufgrund möglicher gesundheitlicher Auswirkungen umstritten.
Heterocyclische Aromaten
Verbindungen, die im Ringsystem ihrer Moleküle neben Kohlenstoffatomen auch andere Atome wie Stickstoff-, Schwefel- oder Sauerstoffatome (Heteroatome) enthalten, heissen heterocyclische Verbindungen. Wenn auf ihre Moleküle die Hückel-Regel anwendbar ist, handelt es sich um heterocyclische aromatische Verbindungen. Ein Beispiel ist das fünfgliedrige Pyrrol. Hier ist das freie Elektronenpaar des Stickstoffs Teil des aromatischen Systems. Beim sechsgliedrigen Pyridin liegt das freie Elektronenpaar des Stickstoffatoms jedoch nicht in der gleichen Ebene wie die sp2-Hybridorbitale des Rings.
Wenn du mit diesen Informationen die Molekülstrukturen der beiden Stoffe betrachtest, wirst du erkennen, dass sie der Hückel-Regel nach Aromaten sind.
Polycyclische Aromaten
Unter der im Alltag häufig anzutreffenden Abkürzung PAK versteht man polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe. Sie enthalten in ihren Molekülen mehrere Benzolringe mit gemeinsamen Kohlenstoffatomen und einem gemeinsamen π-Elektronensystem. Einfachster Vertreter ist das Naphthalin mit zwei Ringen im Molekül und insgesamt 10 π-Elektronen. Viele Verbindungen der PAK sind stark krebserzeugend, beispielsweise das Benzo[a]pyren, das bei der unvollständigen Verbrennung von Kraftstoffen und beim Rauchen entsteht.
Aromaten in der Natur
Aromatische Moleküle sind essenzieller Bestandteil von biochemischen Prozessen. Beispiele hierfür sind unter anderem das Häm im Hämoglobin, die verschiedenen Chlorophylle, die aromatischen Aminosäuren Tryptophan, Phenylalanin und Tyrosin und unzählige andere Verbindungen.
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Eigenschaften von Metallen: Dichte, Härte, Leitfähigkeit
Teil 3
Elektronenpaarbindung im Orbitalmodell
Teil 4
Metallische Bindung-Bändermodell
Teil 5
Elektronegativität-Polarität-Dipol
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Teil 6
Benzolderivate, mesomerer und induktiver Effekt
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was ist der mesomere Effekt?
In der Chemie ist der mesomere Effekt (kurz: M-Effekt) eine Wirkung von funktionellen Gruppen in chemischen Verbindungen. Der M-Effekt wirkt durch konjugierte Systeme und beeinflusst Reaktionsgeschwindigkeiten, Ionengleichgewichte und die Stelle, an der ein Molekül reagiert (dirigierender Effekt).
Was sind PAKs?
Polycyclische aromatische Kohlenwasserstoffe (kurz PAK) bilden eine Stoffgruppe von organischen Verbindungen, die aus mindestens zwei verbundenen aromatischen Ringsystemen bestehen.
Wie reagiert Phenol in wässriger Lösung?
Phenol reagiert leicht sauer, weil es im Gegensatz zu Alkanolen eine acide OH-Gruppe besitzt.