Das Massenwirkungsgesetz definiert das chemische Gleichgewicht für chemische Reaktionen. Was aber passiert, wenn das Gleichgewicht gestört wird?
Prinzip vom kleinsten Zwang
Das Prinzip von Le Chatelier, auch Prinzip vom kleinsten Zwang genannt, wurde von Henry Le Chatelier und Ferdinand Braun formuliert:
„Übt man auf ein System, das sich im chemischen Gleichgewicht befindet, einen Zwang durch Änderung der äusseren Bedingungen aus, so stellt sich infolge dieser Störung des Gleichgewichts ein neues Gleichgewicht, dem Zwang ausweichend, ein.“
Beispiele hierfür sind:
Dem Zwang Temperaturerhöhung beziehungsweise -erniedrigung wird mit Wärmeverbrauch beziehungsweise -erzeugung ausgewichen.
Wird für eine Mischung aus Flüssigkeit und Gas der Druck erhöht, so geht ein Teil des Gases in die flüssige Phase über.
Änderst du die Konzentration, zum Beispiel, indem du ein Produkt aus dem Ansatz entfernst, so reagiert das Gleichgewichtssystem, indem dieses Produkt nachproduziert wird.
"Zwänge" sind in diesem Sinne Änderungen von Temperatur, Druck oder Stoffmengenkonzentration.
Veränderung des Drucks
Wird Kohlenstoffdioxid in Wasser gelöst, bildet sich Kohlensäure:
CO2+H2O⇋H2CO3
In einer ungeöffneten Sprudelflasche liegt ein Gleichgewicht zwischen dem im Wasser gelösten CO2 und dem CO2 in der Gasphase darüber. Beim Ausgiessen des Wassers gelangt Luft in die Flasche. Sie enthält fast kein Kohlenstoffdioxid, der sogenannte Partialdruck von CO2 in der Gasphase sinkt dadurch. Damit liegt eine Störung des Gleichgewichts vor. Es gelangen weniger CO2-Moleküle pro Zeitraum in die Lösung wie umgekehrt in die Gasphase. Folglich nimmt die Konzentration des Kohlenstoffdioxids im Mineralwasser ab und in der Gasphase zu. Das passiert so lange, bis das Gleichgewicht wieder erreicht ist. Hat die Gasphase ein grosses Volumen, dann bleibt nur noch wenig Kohlenstoffdioxid im Mineralwasser.
Veränderung der Stoffmenge
Der Einfluss von Änderungen der Stoffmenge auf die Lage eines Gleichgewichts lässt sich an der Veresterung von Carbonsäuren mit Alkoholen verdeutlichen:
HCOOH+CH3OH⇋HCOOCH3+H2O
Die Ameisensäure HCOOH reagiert mit Methanol CH3OH zu Ameisenmethylester und Wasser.
Nach einer gewissen Zeit kommt die Reaktion zum Erliegen. Es bleibt jedoch ein Rest an Ameisensäure nicht umgesetzt. Willst du, dass auch dieser Rest zum Ester reagiert, kannst du zum Beispiel durch Zugabe von Schwefelsäure (Schwefelsäure bindet Wasser) oder durch Destillation Wasser aus dem Gleichgewicht entfernen. Hierdurch wird das Gleichgewicht in Richtung der Produkte verschoben.
Gibst du jedoch Wasser hinzu, werden Ameisensäuremethylester-Moleküle zurück zu Methanol und Ameisensäure unter Wasserverbrauch hydrolysiert.
Veränderung der Temperatur
Eine Temperaturänderung führt immer zu einer Änderung der Gleichgewichtskonzentrationen. Welche Konzentration dabei zunimmt bzw. abnimmt, hängt davon ab, ob die Bildung der Produkte exotherm oder endotherm ist.
Störung
Art der Reaktion
Zunahme der
Temperaturerhöhung
exotherm
Edukte
endotherm
Produkte
Temperaturerniedrigung
exotherm
Produkte
endotherm
Edukte
Als Beispiel kann das Gleichgewicht zwischen dem braunen Stickstoffdioxid und dem farblosen Distickstofftetroxid dienen:
2NO2⇋N2O4
Die Enthalpie der Hinreaktion ist negativ. Also handelt es sich um einer exotherme Reaktion, da Energie frei wird. Die Rückreaktion ist also endotherm. Erhöhst du die Temperatur und hältst dabei das Volumen konstant (also ein geschlossenes Reaktionsgefäss, auch weil beide Gase sehr giftig sind), wird die Reaktion in die endotherme Richtung ablaufen. Das Gleichgewicht verschiebt sich also nach links und das Gasgemisch wird dunkler. Temperatursenkung bewirkt die exotherme Reaktion, wodurch sich das Gleichgewicht nach rechts verschiebt und das Gasgemisch sich aufhellt.
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Störung des chemischen Gleichgewichts
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie verschiebt sich das Gleichgewicht bei Temperaturerhöhung?
Eine Temperaturerhöhung begünstigt die endotherme Richtung einer Gleichgewichtsreaktion.
Wie kannst du die Lage des Gleichgewichts beeinflussen?
Es kann durch Änderungen der Reaktionsbedingungen Temperatur, Druck oder Konzentration der Reaktanten auf unterschiedliche Weise beeinflusst werden.
Was ist die Aussage des Prinzips des kleinsten Zwangs?
Wird auf ein System, das sich im chemischen Gleichgewicht befindet, ein äusserer Zwang ausgeübt, verschiebt sich die Lage des Gleichgewichts so, dass die Wirkung des Zwanges minimal wird.