Als zwischenmolekulare oder intermolekulare Kräfte bezeichnet man Wechselwirkungen zwischen Molekülen. Zwischenmolekulare Kräfte sind üblicherweise sehr viel schwächer als chemische Bindungen. Sie sind durch Effekte wie Oberflächenspannung, sowie Adhäsions- und Kohäsionskräfte makroskopisch beobachtbar. So verursachen zwischenmolekulare Kräfte die Existenz von Aggregatzuständen molekularer Verbindungen. Ohne sie würden sich z. B. Flüssigkeiten wie Gase verhalten. Eine besondere Form von zwischenmolekularen Kräften sind Wasserstoffbrückenbindungen, deren Stärke relativ nah an die Stärke von chemischen Bindungen kommen kann.
Van-der-Waals Kräfte
Van-der-Waals-Kräfte sind die relativ schwachen, nicht-kovalenten Wechselwirkungen zwischen Atomen oder Molekülen. Van-der-Waals-Kräfte sind im Vergleich zur kovalenten Bindung und Ionenbindung schwache Kräfte. Sie entstehen durch die Anziehung von elektrischen Dipolen. Dabei spielen aber nicht nur permanente Dipole eine Rolle, denn ein permanenter Dipol kann in einem polarisierbaren Molekül auch einen Dipol induzieren (Debye-Wechselwirkung). Ausserdem kann auch zwischen Molekülen ohne Dipolmoment, durch Elektronenbewegung ein Dipol induziert werden und somit eine Wechselwirkung zwischen zwei kurzlebigen Dipolen entstehen.(London-Kräfte) Am Beispiel von I2 kann die Natur der London-Kräfte erläutert werden: Durch die Bewegung der Elektronen in ihren Hüllen bilden sich in den Iodmolekülen für sehr kurze Augenblicke ungleichmässige Verteilungen der negativen Ladung. Es entstehen Ladungsschwerpunkte, die zu einer Polarisierung der Moleküle führen. Diese kurzlebigen Dipolmoleküle werden spontane Dipole genannt. Durch elektrische Kräfte zwischen Ladungen können direkt benachbarte Moleküle ebenfalls polarisiert werden. Die daraus gebildeten Dipole werden induzierte Dipole genannt. Grössere Atome sind in der Regel leichter polarisierbar, denn die Aussenelektronen unterliegen in grossen Atomen nicht mehr so stark den Anziehungskräften des positiv geladenen Atomkerns und können leichter verschoben werden. Daher steigt die Siedetemperatur innerhalb der Halogene mit der Ordnungszahl an. Cl2 ist bei Standardbedingungen gasförmig, Br2 ist flüssig und I2 ist fest.
Dipolwechselwirkungen
Als Dipol-Dipol-Kräfte werden die Kräfte bezeichnet, die zwischen Molekülen herrschen, die ein permanentes elektrisches Dipolmoment besitzen. Die Stärke ist von der Entfernung und relativen Orientierung des Dipols abhängig. Diese zwischenmolekularen Kräfte sind schwächer als die Kräfte bei den Wasserstoffbrückenbindungen, jedoch stärker als die London-Kräfte. Bei Atombindungen innerhalb von Molekülen unterscheidet man anhand der Differenz der Elektronegativität zwischen den kovalenten oder unpolaren Bindungen (Differenz der Elektronegativität ist 0.0–0.4) und den polaren Bindungen (Differenz der Elektronegativität ist 0.4–1.7). Bei den polaren Bindungen werden die Bindungselektronen zu dem elektronegativeren Atom hin angezogen. Dadurch erhält das Molekül eine negative und eine positive Partialladung.
Wasserstoffbrückenbindungen
Die Wasserstoffbrückenbindung, auch kurz H-Brücke genannt, gehört zu den intermolekularen Anziehungskräften zwischen einem kovalent gebundenen Wasserstoffatom und einem freien Elektronenpaar eines Atoms, das sich in einer Atomgruppierung befindet. Die Wechselwirkung tritt nur dann auf, wenn das anziehende Atom in der Atomgruppierung elektronegativer ist als Wasserstoff. Wasserstoffbrückenbindungen werden meist als gepunktete Linie dargestellt. Wasserstoffbrückenbindungen werden fast ausschliesslich mit den Elementen Stickstoff, Sauerstoff und Fluor aufgrund ihrer hohen Elektronegativität gebildet. Die Wasserstoffbrückenbindung ist eine Form der Nebenvalenzbindung, deren Stärke in der Regel deutlich unter der Stärke einer kovalenten Bindung oder einer ionischen Bindungen liegt. Wasserstoffbrückenbindungen zwischen Molekülen führen zu einem - im Verhältnis zur Molmasse - erhöhten Schmelz- und Siedepunkt der betreffenden Verbindung. Wasserstoffbrücken können vor allem in Makromolekülen sehr zahlreich sein und dabei die Struktur mitbestimmen. So ist beispielsweise die Struktur der DNA massgeblich durch die Wasserstoffbrückenbindungen zwischen den Nukleinsäuren geprägt.
Der Einfluss der Grösse des Atoms
In der Reihe der unpolaren Moleküle Methan (CH4), Silan (SiH4), Germaniumhydrid (GeH4) und Zinnhydrid (SnH4) steigen die Siedetemperaturen kontinuierlich an, da zwischen ihnen nur Van-der-Waals-Kräfte wirken. Das zentrale Atom wird immer grösser, das bedeutet, die Elektronen in der Valenzschale können immer leichter verschoben werden.
Anomalie des Wassers
Bei Normaldruck hat Wasser seine grösste Dichte bei 4 °C und ist flüssig. Unterhalb von 4 °C dehnt sich Wasser bei weiterer Temperaturverringerung, auch beim Wechsel zum festen Aggregatzustand, wieder aus. Die Anomalie des Wassers besteht also im Bereich zwischen 0 °C und 4 °C. Eis verhält sich nicht anomal, wenn auch untypischerweise die Dichte des Eises geringer ist als die des flüssigen Wassers. Zu dieser Dichteanomalie kommt es, da die Wassermoleküle im hexagonalen Gitter des Eises einen grösseren Abstand zueinander haben als im flüssigen, ungeordneten Zustand. Der Grund der Anomalie des Wassers liegt in der Verkettung der Wassermoleküle über Wasserstoffbrückenbindungen. Durch sie benötigt die Struktur im festen Zustand mehr Raum als bei beweglichen Molekülen. Die Strukturbildung ist ein fortschreitender Vorgang, das heisst, es sind schon im flüssigen Zustand sogenannte Cluster vorhanden. Bei 4 °C ist der Zustand erreicht, bei dem die einzelnen Cluster das geringste Volumen einnehmen und damit die grösste Dichte haben. Wenn die Temperatur weiter sinkt, wird durch einen stetigen Wandel wieder mehr Volumen benötigt. Wenn die Temperatur steigt, benötigen die Moleküle wieder mehr Bewegungsfreiraum, wodurch das Volumen ebenfalls steigt. Wasser ist nicht der einzige Stoff, der eine Dichteanomalie zeigt, Dichteanomalien sind aber ausgesprochen selten.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie entstehen Wasserstoffbrückenbindungen?
Eine Wasserstoffbrückenbindung entsteht, wenn zwei stark elektronegative Atome über ein Wasserstoffatom in Verbindung stehen.
Was ist Anomalie des Wassers?
Die Anomalie des Wassers gibt an, dass Wasser nur bis zu einer Temperatur von 4 °C sein Volumen verringert. Wenn Wasser ab 4 °C weiter erwärmt oder abkühlt, wird das Volumen wieder grösser und seine Dichte sinkt. Dieser Zustand wird auch Dichteanomalie genannt.
Was versteht man unter Van-der-Waals Kräften?
Van der Waals Kräfte sind Wechselwirkungen, die zwischen verschiedenen Atomen und/oder Molekülen auftreten. Sie sind relativ schwache, nicht-kovalente Wechselwirkungen. Zu ihnen gehören Dipol-Dipol-Wechselwirkungen, aber auch die Wechselwirkunge zwischen temporären Dipolen von polarisierbaren Molekülen.