Stammzellen sind undifferenzierte Zellen, die sich in diverse Gewebeformen entwickeln beziehungsweise differenzieren können. Dabei liegen nicht nur zu Beginn der Entwicklung Stammzellen vor (embryonale Stammzellen), sondern auch beim ausgewachsenen Lebewesen (adulte Stammzellen). So erklärt sich, wie aus einer Ursprungszelle ein grosser, komplexer Organismus wird, der sich ausserdem teilweise eigenständig regenerieren kann.
Stammzellen und ihr Potenzial in der Medizin und Gentechnik sind sehr interessant, doch werfen sie viele wissenschaftliche, ethische und soziale Fragen auf.
Schlüsselbegriff
Erklärung
Differenzierung
Spezialisierung, Unterscheidung.
Stammzelle
Undifferenziert, können sich in diverse Zelltypen differenzieren, bei Teilung Schaffung einer Kopie der Stammzelle.
Embryonale Stammzelle
Toti- oder pluripotent, Zellen von Zygote bis Blastocyste.
Adulte Stammzelle
Multipotent, auch Gewebestammzellen.
Meristeme
Pflanzliche Stammzellen, meist an Sprossspitzen lokalisiert.
Totipotenz
Von totus (ganz); kann sich in alle Zelltypen entwickeln und einen gesamten Organismus erschaffen.
Pluripotenz
Von plus (viel); kann sich in viele Zelltypen entwickeln, aber keinen gesamten Organismus erschaffen.
Multipotenz
Von multus (mehrere); kann sich noch in mehrere Zelltypen von bestimmte Gewebetypen entwickeln, aber keinen gesamten Organismus und kein ganzes Organ mehr erschaffen.
Meristeme
Pflanzliche Stammzelle, meist totipotent.
iPS-Zellen
Induzierte pluripotente Stammzellen; Körperzellen, die durch epigenetische Rückprogrammierung wieder wie pluripotente Stammzellen funktionieren.
Stammzellen
Stammzellen sind undifferenzierte Zellen, noch ohne spezifischen Eigenschaften, aber mit dem Potenzial, dieses zu entwickeln. Dieses Potenzial ist sehr wichtig und wertvoll für die Bildung verschiedener Zelltypen, die diverse Aufgaben und Funktionen im Körper übernehmen sollen. Es gibt verschiedene Arten von Stammzellen.
Entwicklungsfähigkeit - Potenz
Totipotente Stammzellen
Pluripotent Stammzellen
Multipotent Stammzellen
Differenzierung
Können gesamten Organismus hervorbringen
Können sich in viele verschiedene Zelltypen (Gewebe) des Organismus entwickeln
Können sich in mehrere verschiedene Zelltypen eines Gewebes entwickeln
In alle Zelltypen eines Organismus
In viele Zelltypen eines Organismus, aber nicht alle
In mehrere Zelltypen eines Gewebetypen
Stammzellen
Embryonale Stammzellen
Adulte Stammzellen
Bezeichnung
Zygote bis 8-Zellstadium
16-Zellstadium bis Blastocyste
Ab Blastozyste (je älter, desto weniger), zum Beispiel Knochenmark-Stammzellen
(1.) Befruchtung (2.) Embryo im Blastocystenstadium (3.) einzelne embryonale Stammzellen (4a-5a.) Hautzellen (4b-5b.) Zellen des Blutes (4c5c.) Zellen des Darmes (4d-5d.) Nervenzellen
Embryonale Stammzellen
Potenz
Totipotent
Herkunft
Zygote bis 8-Zellstadium, vereinzelte Zellen von Morula und Blastocyste
Info
Kann sich in jedes denkbare Gewebe differenzieren und einen ganzen Organismus hervorbringen
Adulte Stammzellen
Potenz
Pluri- oder multipotent
Herkunft
Gewebe von Embryonen/Feten, Nabelschnurblut, bei bestimmten Körpergewebe von Kindern und Erwachsenen
Info
Nur in verwandte Zelltypen differenzierbar
Beispiel
Knochenmark-Stammzellen können sich in neue Blutzellen (rote und weisse Blutkörperchen, oder Blutplättchen)
Meristeme
Potenz
Meist totipotent
Herkunft
Pflanzenzellen, meist in der Nähe der Spitzen von Sprossen und Wurzeln
Info
Einzelne Meristeme können zu einer kompletten Pflanze, Blätter oder Blüten werden
(1.) Gewinnung von Meristemen (2.) Meristeme auf ein Nährmedium setzen, das ausreichend Nährstoffe enthält (3.) Heranzüchtung von Abkömmlingen (4.) Transfer aus Nährmedium in normale Umgebung
Forschung mit Stammzellen
Embryonale Stammzellen sind für die Wissenschaft im Moment von grossem Interesse, da in ihnen das Potenzial gesehen wird, manche Krankheiten zu heilen. Totipotente Stammzellen könnten im Labor künstlich in benötigte Gewebe oder Organe differenziert werden. Nicht nur um die Organe ersetzen zu können, sondern auch um Stoffe herstellen zu können, die die Organe sonst herstellen.
(1.) Eizelle (2.) Körperzelle des zu klonenden Individuums (3.) Zellkern der Eizelle wird entfernt (4.) der Zellkern aus der Körperzelle wird in die Eizelle eingesetzt (5.) Anregung zur Zellteilung (6.) Erzeugung eines Embryos (7.) Entnahme der Stammzellen nach 4-5 Tagen (8.) Züchtung der Stammzellen
Beispiele:
Die Bauchspeicheldrüse besteht mitunter aus Zellen, die Insulin produzieren. Diese Zellen könnten herangezüchtet werden, um das Insulin für Menschen mit Diabetes zu verwenden.
Bei Verlust, Erkrankung oder Verletzung eines Organs, könnten embryonale Stammzellen im Labor zu dem Wunschorgan, oder Wunschgewebe differenziert werden.
Adulte Stammzellen werden bereits als Transplantat für Patienten mit Blutkrankheiten wie Leukämie verwendet. Bei allen Transplantaten besteht jedoch das Risiko, dass sie vom Immunsystem einer Person abgestossen werden können.
Meristeme können extrahiert und dazu verwendet werden, eine Pflanze mit viel Sorgfalt und Aufwand zu klonen. Das kann uns helfen, neue Pflanzen mit den Eigenschaften zu züchten, die hervorgehoben werden sollen.
Beispiel:
Eine Tomatenpflanze ist besonders ertragreich und bringt schneller als die anderen Pflanzen grosse und aromatische Tomaten hervor. Dabei braucht sie auch noch weniger Licht und Wasser als andere. Von genau dieser Pflanze hätte jeder Gärtner gerne mehr.
Ethische Debatte
Stammzellen sind zwar eine aufregende Entdeckung für Forscherinnen und Forscher, aber es gibt auch eine Debatte darüber, ob sich die Verwendung und Erforschung von Stammzellen lohnt.
Pro
Contra
Stammzellen könnten therapeutisch genutzt werden, um geschädigtes Gewebe oder Organe zu ersetzen.
Embryonale Stammzellen müssen einem Embryo entnommen werden, wodurch das Embryo dabei nicht mehr überlebensfähig ist.
Forschung an Stammzellen könnte zu Klonungen führen, wodurch Behandlungen personalisiert werden könnten, zum Beispiel, indem eigene Stammzellen einer Person verwendet werden, um differenzierte Zellen zu produzieren, die weniger wahrscheinlich vom Immunsystem abgestossen werden.
Die Gewinnung von Stammzellen glückt nicht immer und eine kontrollierte, künstliche Differenzierung ist ebenfalls schwierig. Das bedeutet häufiges Scheitern in der Forschung und ist mit Kosten verbunden.
Im Rahmen der künstlichen Befruchtung werden mehr Embryonen erzeugt, als schliesslich verwendet werden. Diese Embryonen werden dann oftmals verworfen, Stammzellen-Forschung an diesen wäre stattdessen eine sinnvolle Verwendung der überzähligen bereits vorliegenden Embryonen.
Die Forschung bedeutet einen Eingriff in die natürliche Lebensweise, was mit vielen Religionen oder ethischen Überzeugungen nicht vereinbar ist.
Einige Stammzellen weisen Mutationen auf, durch die sie sich wie Krebszellen verhalten. Diese können sich unkontrolliert teilen und Tumore bilden.
Wenn eine verunreinigte Stammzellkultur in einen Patienten transplantiert wird, kann dieser an einer Krankheit leiden, die durch die Bakterien oder Viren verursacht wird. Dies stellt ein grosses Risiko für seine Gesundheit dar.
Induzierte pluripotente Stammzellen
Kurz iPS-Zellen genannt. Dabei handelt es sich um Körperzellen, die weder multi-, pluri- noch totipotente Eigenschaften aufweisen konnten. Durch eine epigenetische Rückprogrammierung gelang es aus ihnen wieder eine pluripotente Stammzelle herzustellen.
Knochenmarkspende
Transplantationen des Knochenmarks, das Stammzellen enthält, werden seit 1968 durchgeführt. Im Knochenmark befinden sich nur sehr wenige Stammzellen, weshalb sie stattdessen aus dem Blut isoliert werden.
Abstossung von Transplantaten
Die Abstossung von Stammzellentransplantaten durch das Immunsystem des Patienten ist ein Problem. Eine Möglichkeit, dieses Problem zu vermeiden, besteht darin, eine enge Übereinstimmung zwischen Spender und Patient zu finden, wie zum Beispiel Geschwister. Eine andere Möglichkeit, die Abstossung des Transplantats zu vermeiden, besteht darin, dem Patienten Medikamente zu verabreichen, die sein Immunsystem unterdrücken. Diese werden als Immunsuppressiva bezeichnet.
Therapeutisches Klonen
Definition
Das therapeutische Klonen ist eine Möglichkeit, Stammzellen mit den gleichen Genen wie der Patient zu erzeugen, damit sie nicht vom Immunsystem abgestossen werden. Das Verfahren beinhaltet einen Kerntransfer.
Hinweis: Bislang gibt es keine Beweise dafür, dass diese Methode zur Behandlung von Menschen eingesetzt wurde.
Wissenschaftliche, ethische und soziale Fragen
Bei der Stammzelltherapie stellen sich einige Fragen.
Eine wichtige wissenschaftliche Frage ist: "Wie erfolgreich können diese Therapien sein?" Es gibt Sicherheitsbedenken, da Stammzellen, die in Kultur gehalten werden, Ähnlichkeiten mit Krebszellen aufweisen können und es möglich ist, dass Viren auf diese Stammzellen übertragen werden.
Es gibt auch ethische Fragen wie "Ist es moralisch richtig, einen Embryo mit der Absicht zu erzeugen, ihn zu zerstören?". Wann betrachtet man einen Embryo als menschliches Lebewesen, direkt nach der Befruchtung, nach der Einnistung, oder mit dem Herzschlag? Ab wann handelt es sich um Tötung?
Gesellschaftliche Fragen wie die, ob die Vorteile die Einwände überwiegen, und die Forderung nach weiterer öffentlicher Aufklärung zu diesem Thema sind aufgekommen.
Noch undifferenzierte Zellen, die das Potenzial haben sich zu spezialisieren und sich in diverse Zell- und Gewebetypen zu entwickeln.
Was sind embryonale Stammzellen?
Nur die Zellen von Zygote bis zum 8-Zellstadium sind totipotent und damit embryonale Stammzellen.
Auch wenn der Name es zunächst vermuten lässt, sind nicht alle Zellen eines Embryos, oder ungeborenen Kindes embryonale Stammzellen.
Worin liegt der Unterschied zwischen Stammzellen und normalen Körperzellen?
Normale Körperzellen sind bereits differenziert, das heißt, sie sind bereits spezialisiert und gehen ihrer Funktion im Körper nach. Sie können keine Zellen mit anderer Funktion als die, die sie haben, mehr hervorbringen.
Stammzellen haben noch das Potenzial, sich in andere Zelltypen zu differenzieren. Dieser andere Zelltypus kann dann auch eine andere Funktion haben, als die aktuelle.