Synthetische Evolutionstheorie - Variabilität und Genpool
Darwins Evolutionsfaktor: Die Variabilität
Du kennst bereits die Evolutionstheorie von Darwin: Die Lebewesen einer Art sind verschieden (variabel), das heisst, sie unterscheiden sich in ihren Merkmalen (Variabilität). Die Lebewesen, die besser an ihre Umwelt angepasst sind, überleben eher und können sich öfter fortpflanzen. Die, die nicht so gut angepasst sind, sterben eher und können sich seltener fortpflanzen, wodurch sie mit der Zeit aussterben (Selektion).
Aber warum sind die Nachkommen einer Art verschieden? Was sind die genetischen Ursachen dieser Variabilität?
Die synthetische Evolutionstheorie
Zu Lebzeiten von Darwin waren die genetischen Ursachen für diese Variabilität nicht bekannt. In den 1930−1940er Jahren forschten Ernst Mayr (1904−2005) und Theodosius Dobzhansky (1900−1975) nach den Ursachen der Variabilität. Dafür wurden andere Wissenschaften herangezogen, insbesondere die Genetik. Somit konnte die Selektionstheorie nach Darwin zur synthetischen Theorie der Evolution weiterentwickelt werden.
Population, Allele und Genpool
Population | Individuen einer Art, die sich untereinander fortpflanzen. |
Allel | Eine Genvariante, die die Ausprägung eines Merkmals bestimmt. |
Genpool | Die Summe aller allelen Gene, die innerhalb einer Population vorkommen. |
Jedes Lebewesen besitzt zwei allele Gene (Allele) für ein bestimmtes Merkmal. Diese allelen Gene können unterschiedlich kombiniert werden. Durch unterschiedliche Kombinationen treten in der Population verschiedene Phänotypen (Aussehen) auf.
Es entstehen ständig neue Zusammenstellungen der allelen Gene, und zwar durch die Rekombination bei der sexuellen Fortpflanzung. Die Summe aller allelen Gene innerhalb einer Population wird Genpool genannt.
Ein Genpool in der Evolution
Migration | Artgenossen aus anderen Populationen wandern zu. |
Mutation | Veränderung des genetischen Materials einer Zelle. |
Genfrequenz | Häufigkeit eines allelen Gens, welches in einer Population vorkommt. |
Reproduktive Fitness | Die Fähigkeit eines Lebewesens, die eigenen Gene durch Fortpflanzung in den Genpool der nächsten Generation zu bringen. |
Ein Genpool verändert sich im Verlauf der Evolution. Aber warum?
Ursachen:
- Zufällige Ursachen: Durch Migration oder durch Mutation können allele Gene zufällig hinzukommen.
- Umweltbedingte Ursache: Durch Selektion kann sich die Häufigkeit von allelen Genen (Genfrequenz) verändern. Dies wird im Folgenden genauer erklärt.
Änderung der Genfrequenz durch Selektion (Evolution)
Wenn ein alleles Gen die reproduktive Fitness des Trägers erhöht, breitet es sich in der Population aus. Wenn es die reproduktive Fitness verringert, wird es seltener bzw. verschwindet. Das heisst, die Selektion kann die Genfrequenz im Genpool verändern und somit die Vielfalt verringern.
Änderung der Selektionsbedingungen als Ursache
Die Selektion verändert den Genpool einer Population, damit die Individuen besser an ihre Umwelt angepasst sind. Wenn sich die Selektionsbedingungen zum Beispiel durch Veränderungen des Klimas verändern, können Gene, die davor keine Wirkung auf die reproduktive Fitness hatten, wichtig werden.
Beispiel: Wenn sich das Klima ändert und trocken wird, ändern sich die Selektonsbedingungen. Somit gewinnt das Gen, welches die Trockenresistenz erhöht und bisher selektionsneutral war, an Bedeutung. Dieses Gen wird häufiger, weil es die reproduktive Fitness erhöht. Durch diese Veränderung im Genpool sind die Nachkommen immer angepasster an das neue Klima.
Das heisst:
Veränderte Umweltbedingungen führen zu einer Änderung der Gene, die die reproduktive Fitness erhöhen oder verringern, sodass entsprechende Änderung der Genfrequenz im Genpool entstehen. So gibt die Selektion der Evolution von Arten eine neue Richtung.
Auf diese Weise steigert sich im Laufe der Evolution immer wieder die Angepasstheit der Individuen an ihre Umwelt.
Das bedeutet: Die Evolution einer Art = dauerhafte Veränderung eines Genpools.
Übrigens: Obwohl die Selektion dazu führt, dass bestimmte Phänotypen aussterben, bleibt die Populationsgrösse mehr oder weniger gleich, und zwar durch die Überproduktion von Nachkommen.
Getrennte Genpools können zu verschiedenen Arten führen
Populationen können sich unabhängig voneinander entwickeln, wenn sie geografisch isoliert (getrennt) leben. Unterschiedliche Selektionsbedingungen oder zufällige Mutationen führen mit der Zeit dazu, dass sich die Zusammensetzungen der beiden Genpools voneinander unterscheiden. Wenn Unterschiede auftreten, die die Entstehung fruchtbarer Nachkommen zwischen Individuen der beiden Populationen verhindern, wird von verschiedenen Arten gesprochen (biologischer Artenbegriff).
Gradualismus und Punktualismus
- Gradualismus: Wenn Veränderungen, die zu neuen Arten führen, nach und nach (langsam) auftreten.
- Punktualismus: Wenn Veränderungen, die zu neuen Arten führen, in manchen Phasen der Erdgeschichte nur sehr wenig auftreten und in anderen Phasen kurzfristig viele auftreten.
Verhaltensbiologie
Die synthetische Evolutionstheorie wurde weiterentwickelt. Durch Verhaltensbiologie wurde zum Beispiel Folgendes erklärt:
Die Partnerwahl von Lebewesen ist einerseits das Ergebnis von Selektion. Andererseits wirkt die Partnerwahl als Selektionsfaktor für die Ausprägung auffälliger Geschlechtsmerkmale.